Ich bekam den Hinweis, dass das Scrollen durch die langen Seiten nervt. Da es mich beim Erstellen der Seiten wegen des langsamen Internets in Pakistan noch mehr nervt, als die Leser, geht es nun mit  „Pakistan III“ weiter. 

 

Astore, der 28.08.2017 

 

Als ich gestern Abend für die Die Tour übers Hochplateau noch ein „OK“ von einem Jeep-Fahrer bekam, war klar: ich mach´s. Ich stand um 6:00 Uhr auf, weil mit für 6:45 ein Frühstück versprochen war. Niemand war auf den Beinen, die Tür verschlossen, dass ich an auch nicht meine Maschine beladen konnte. Um 7:00 machte ich Rabatz auf dem Flur und kam um 8:00 weg.

 

 

Der Tag mit Zahlen ausgedrückt:

 

Gesamtstrecke 150 Kilometer, Fahrzeit 10 Stunden mit vielen Stopps, 30 km Asphalt mit unzähligen Beschädigungen durch Bergabgänge, 120 km Schotter und mit meiner Federung nur im ersten und zweiten Gang zu befahren. Auch wenn der Schotter manchmal passabel war, gab´s kaum mal 100 Meter, die ich im zweiten durchfahren konnte wegen Steinen, Querrillen, wohl 100 Bach-Durchfahrten und anderen Hindernissen. Davon 80 Kilometer auf einer Höhe über 4.000 Metern. Beim Fahren merke ich von der dünnen Luft nichts aber bei anderen Anstrengungen wird sie schon ein bisschen knapp.

 

Ich hatte gestern schon die Luft in den Reifen auf ein Minimum abgelassen, was natürlich nicht gut für die Lebensdauer der Reifen ist und die Gefahr für eine üble Reifenpanne damit steigt, weil es oft durch scharf gebrochene Steine ging oder diese aus dem festen Untergrund raus wuchsen.

 

 

 

 

Bei der Fahrt nach oben kamen mir mehrere gemischte Schaf- und Ziegenherden entgegen. Da alle Herden, denen ich bisher begegnete, immer einer Stadt zugetrieben wurden, musste ich nun doch mal fragen, wo es hingeht. Wohin wohl? Zum Markt natürlich. Das Handzeichen eines Hirten am Hals entlang, war ziemlich eindeutig und das Bezahl-Fingerreiben natürlich auch. Ist es nicht traurig, wenn die Tiere ihrem Hirten ihr Leben lang vertraut haben und sich nun folgsam, wie immer auf die neue Weide freuen, nun so gemein von ihm hinters Licht geführt und ans Messer geliefert werden? Na jedenfalls hatten sie ein schönes Leben da oben. Ich esse ja zum Glück keine Tiere, sondern nur gerne Fleisch.

 

 

Am schwierigsten war der Aufstieg von 2.000 auf 4.300 Meter. Am meisten machten mir die engen Spitzkehren auf den Klamotten, rund oder gebrochen, steil bergauf zu schaffen. Nur nicht zum Stehen kommen, dann wäre ich rückwärts abgeschmiert. Gashahn auf und durch. Warum fahren sich eigentlich Rechtskurven schwieriger als linke? Oder geht das nur mir so? Jedenfalls habe ich beim Aufstieg mächtig Schiss gehabt, mich mit meiner Fuhre hinzulegen oder die Reifen aufzuschlitzen. Dreimal habe ich mir bei Wasserdurchfahrten, wo die Bäche den Weg queren und Senken füllen, die Schuhe gefüllt. Da oben ist es ja reinstes Quellwasser, was meinen Socken bestimmt gutgetan hat. Größere Wasserstellen habe ich mir vorher angesehen und eine gute Spur gesucht, in der keine großen Klamotten lagen. Alles ging gut, nicht zuletzt wegen meines ganz guten Gefühls fürs Gelände.

 

 

Als ich am Bach saß und meine Weintrauben vernaschte, machte ich das letzte Bild mit meiner schönen Kamera. Danach gingen die Lamellen vor der Linse nicht mehr voll auf und zu. Ich dachte, der feine Sand in der Luft am Tag zuvor, tat ihr nicht gut. Vorhin sah ich sie mir genauer an und fand zwei Einbeulungen auf der Umrandung der Linse. Vor der Reise habe ich in Schutzglas für Lamellen und Linse aufgeklebt, jetzt komme ich nicht drunter. Ich muss einen Weg finden, die Beulen raus zu ziehen. 

 

Von der Deosai-Hochebene (Höhe 4.000 Meter) am Sheosar Lake vorbei nach einer anstrengend-schönen Tour nach Astore, dem staubigsten Nest meiner bisherigen Reise.

 

 

 

 

Wieder ein glücklicher Tag aber ich kam fix und fertig hier an. Mein Schulterschmerz rechts zieht sich nun bis zum Ellenbogen runter und die linke tut nun auch weh. Ebenso, wie das Daumengelenk der linken Hand wegen zehntausendmal die stramme Kupplung ziehen. Das Rütteln im Lenker, wenn´s über die Steine geht, reißt an den Schultern. Alles nur wegen der beschissenen Gabelfederung oder muss ich mir einen entspannteren, entkrampften Fahrstil aneignen.

 

Eine eiskalte Dusche aus dem Kübel half mir kurzzeitig, so dass ich im Kaufmannsladen nebenan zwischen aufgekrempelten Säcken mit Reis, Bohnen, Linsen, Gewürzen, interessierten Einheimischen usw. eine Einladung zum Tee annahm. Ein Mann massierte mir Oberarme und Rücken mit eisernen Griffen. Jetzt bin ich jedenfalls TOT.

 

Der alte Herr trug ein Bündel Viehfutter auf dem Rücken nach Hause ins Dorf. Mit Gesten verständigten wir uns darüber, dass das Leben im Alter nicht mehr so einfach ist.

Seine Hand steckt gerade den 500-Rupi-Schein ein, dem ich ihm habe zukommen lassen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diesen Tag über die Hochebene hatte ich schon in Astore verfasst und die Bilder vorbereitet. Nun bin wieder zurück an der ruhigen Unterkunft in Gilgit und habe den ganzen Tag gebraucht, das Bisschen hochzuladen. Fürchterlich! Wie soll ich da heute noch meine überwältigenden Eindrücke von Nanga Parbat verarbeiten? 

 

 

 

 

Hier ist der der unvergessliche Ausflug zum Nanga Parbat

 

 

Nanga Parbat   (29.30.08.2017)    https://de.wikipedia.org/wiki/Nanga_Parbat 

 

Mehr als 14 Tage sind seit diesem Höhepunkt meines Pakistan-Abenteuers vergangen. Nun erst habe ich Internet, Zeit und Ruhe, um mich auf diesen Ausflug zurück zu besinnen. Das ist auch mal ein Test, wie lange Emotionen so anhalten, bis sie verblassen und nur noch Bilder übrigbleiben. Meine Fotos werden mir helfen dabei. 

 

Das Bild stammt aus der Kamera von Lisa und Horst, die es auf ihrem Heimflug geschossen und mir zugesandt haben. Ich habe mir erlaubt es etwas aufzuhübschen. 

 

Dadurch, dass ich den Skardu-Pass und die 7000er des Hindukusch von vorneherein ausgeklammert hatte, waren meine Planungen nicht so optimal. Gilgit wurde zu meinem „Basislager“ von dem ich in der Himalaya-Region in verschiedene Richtungen aufbrach. So auch zum Ausgangspunkt nahe an den Fuß des „Deutschen Schicksalsberges“, wie er auch genannt wird. Warum diese Bezeichnung? Wikipedia hilft da wiedermal : https://de.wikipedia.org/wiki/Nanga_Parbat

 

Ausgangspunkt für Aufstiege mit einem Jeep ist eine Stelle, an der der Karakorum Highway den Indus River quert. Man wollte mich im dortigen Hotel (erst für 70, dann für 50€) behalten, weil es zu spät zum Aufbruch wäre. Den Zettel hatte ich schon halb ausgefüllt, da kam mir die Eingebung, „frag doch mal die Fahrer draußen bei ihren Jeeps“ und siehe, ich parkte mein Motorrad neben dem dortigen Militär-Posten, kramte die Sachen raus, von denen ich meinte, dass ich sie gebrauchen würde und saß neben „dem besten Fahrer, mit Rally- und 30 Jahren Jeep-Erfahrung“, wie die anderen mir versicherten. Bei dem, was dann in den nächsten beiden Stunden kam, beruhigten mich später, als es lustig wurde, die 30 Jahre. Die Jahre muss er wohl unfallfrei gefahren sein. Die Jeeps sind alte amerikanische Modelle, werden in Pakistan gebaut und in den Bergen viel gefahren, um abgelegene und schwierige Regionen zu erreichen und zu versorgen. Unglaublich, was die wegstecken!

  

Los geht´s !

 

Für den richtigen Nervenkitzel muss man sich noch die Spitzkehren mit steilen Anstiegen über Geröll vorstellen und dass man bei der Fahrt hinauf. Unterwegs Übernahmen wir noch zwei Männer aus einem anderen Jeep, zwei Leute aus dem Dorf oben. Einer war Reiseführer, hatte gerade eine kleine Reisegruppe nach Islamabad zurückgebracht und wollte seine Familie besuchen. Das passte gut, denn er schwierige Teil, wo ICH ranmusste, der kam erst noch. Als es dann nicht mehr weiterging, weil die Piste nicht mehr existierte, stand dort ein normaler PKW mit Gilgit-Kennzeichen, dass sich sogar der Jeep-Fahrer wunderte. So ein Auto hat er hier oben noch nie erlebt und machte ein Foto davon.  

Auf einer Kerbe am Felsen entlang ging´s ein paar hundert zu Fuß und dann warteten wieder Jeeps. Natürlich wollte ich wissen, wie die denn hierherkommen? Zwölf von den Jeeps waren damals beim Absturz der Straße auf der anderen Seite und da bleiben sie nun. Wie kommen die aber zum TÜV?   

Dann war´s vorbei mit der bequemen Stuckerfahrt. Als ich endlich geschnallt hatte, wie es eigentlich so weitergeht, packte ich meinen kleinen Rucksack und ließ den großen überflüssigen beim Polizeiposten, der uns mit seiner Kalaschnikov noch ein Stück begleitete. Für gute Wanderer würden nun 2 Stunden Fußmarsch aufwärts bevorstehen und ich solle doch vielleicht lieber ein Pferd nehmen, dass wir vor Dunkelheit oben ankommen würden. „Ich auf ein Pferd?!“ Als Kind bin ich ein paarmal vom breiten Rücken eines Ackergauls runtergerutscht und wurde später nochmal von einem Rodeo-Pferd in Nuevitas/ Kuba im hohen Bogen abgeschmissen. Da gehe ich doch jetzt mit 70+ nochmal über die Felsen auf ein Pferd! „Na gut, los geht´s“!  

Auf über 3.000 waren wir schon – unser Lager war dann später auf 4.300 Metern. Da sie solche alten Säcke, wie mich wohl kennen, stand da „zufällig“ ein Junge mit einem dieser zierlichen und drahtigen Pferde. Also aufgesessen! Junge, war das ein Gefühl – jetzt nochmal aus 1Meter50 höher im schwankenden Sattel entlang an den Abgründen über Stufen, Felsbrocken und Klamotte, Wurzeln und durch steinige Bäche! Es dauerte, bis ich Vertrauen zu dem Können des Tieres hatte. Zwischendurch wanderte ich immer wieder und saß wohl 3 Mal ein schönes Stück im Sattel. Es ist unglaublich, mit welcher Sicherheit die Tiere, locker am Halfter geführt, die Hufe setzten mit so einer Last auf dem Buckel. Auch nicht ein einziger Fehltritt oder Ausrutscher!

 

 

Es wurde gerade dunkel, als wir oben bei den Holzhütten ankamen. Ein Lagerfeuer brannte, Lisa, Werner und Horst standen drum rum und ich erhaschte noch einen letzten Blick auf den gerade noch angestrahlten Gipfel des Nanga Parbat. DAS Gefühl unter dem aufkommenden Sternenhimmel kann man nicht beschreiben – nicht mal, wenn ich Zettel und Bleistift dabeigehabt hätte. Da hilft nur Augen wischen, dass einem die Tränen nicht den schönen Anblick versauen.

 

 

Lisa, Horst und ihr Freund Werner 

 

Lisa und Horst kamen vor 11 Jahren zum ersten Mal in die Berge von Shimshal und reisten zurück mit dem Gedanken, im Tal eine Krankenstation zu bauen. Mit Medizin hatten sie eigentlich nichts zu tun, sondern hatten nur den Mangel dort gesehen. Sie gründeten in Deutschland eine Stiftung, sammelten Geld, anscheinend viel Geld, auch von Geschäftspartnern, ein und bei ihrer diesjährigen Reise 15. Reise haben sie das kleine Krankenhaus mit Geburtsstation und Fortbildungsprogramm an die Kommune abgegeben. Hut ab! Vor so viel Engagement und dem Meistern der Schwierigkeiten (wie die jahrelange Sperre, als der Highway durch den großen Erdrutsch geflutet und die Transporte nur über kleine zusammengebundene Boote erfolgen konnten) und in einem Land, „wo keiner hin will“.

 

 

 

Ich schlief gut in meinem Blockhaus und am nächsten Morgen brachen wir gemeinsam mit einem Führer zur Wanderung zu einem Aussichtspunkt mit einem traumhaften Blick auf den Berg, den Gletscher und die Moräne auf. Leider bildeten sich mit dem Loswandern am Berg zunehmend Wolken, was zwar die Sicht zum Objekt der Begierde nicht aber den schönen Tag trüben konnte. Danke, dass Ihr mich mitgenommen und öfters mal auf mich gewartet habt, wenn mir auf dem Anstieg von 3.300 m durch den schönen Wald und über Klippen bis 3.700m die Luft knapp wurde. Wenn ich ab und zu fünf Minuten verschnaufen kann, komme ich in dieser Höhe noch gut zurecht. Das freut mich

 

 

Lagerfeuer mal anders fotografiert – das kann meine kleine Kamera, wenn man sie (aus)reizt. Ich hab´ sie wieder einigermaßen hinbekommen.

 

Die Ziege  

Abends sprachen wir mit den Leuten aus dem Dorf, die im Lager arbeiten über die Haustiere der Bergbewohne. So z.B. über die bunten Ziegen, die mir so gefallen. Und wenn man schon bei den Haustieren ist, ist es auch nicht mehr weit bis zum Fleisch derselben. Nein, Fleisch (außer Hühnerfleisch) könnten sie sich nur selten leisten, da sie die Tiere zu Markte tragen müssten, wenn ihre Zeit ran wäre. Wie es am Ede dazu kam, kann ich auch nicht mehr so genau sagen – jedenfalls spendierte ich den Leuten im Dorf zu ihrer Freude und uns eine Ziege, die noch am Abend geschlachtet, zubereitet und aufgegessen wurde. Nein, vom Schlachten würde ich nichts mitbekommen und es wäre auch nicht die, die hier den ganzen Tag neugierig auf dem Gelände rumliefe. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nichts vom nahen Opferfest Eid Mubarak, an dem sich die Leute mit Fleisch gegenseitig beschenken. So war der Zeitpunkt ganz passend. Nur wenn ich ehrlich sein soll – so ganz wohl war mir nicht in meiner Haut, wo doch die Ziegen meine Freunde sind.

 

Von wegen „runter geht´s einfacher. Zweieinhalb Stunden habe ich für den Fußmarsch abwärts bis zum ersten Jeep gebraucht, wobei die Beine immer schwerer wurden. An den nächsten beiden Tagen konnte ich nicht mehr laufen, nur noch Motorrad fahren. Der Bursche wurde mir zur Sicherheit mitgegeben und mein Rallyfahrer wartete schon.

 

 und brachte mich wieder sicher zu meinem Motorrad 

 

Noch ein schöner Blick aufs Indus-Tal. Es trennt den Hindukusch im Westen vom Himalaya im Osten. Am Westufer der Karakorum Highway

 

 

 

Das war der unvergessliche Ausflug zum Nanga Parbat

 

 

Pandar, am 02.Sept. 2017  (Provinz Gilgit Baltistan) 

 

Ich reise ja ohne den typischen Reiseführer, die ohnehin idiotischer Weise auch immer aus dickem, schweren Glanzpapier gemacht werden, als würden sie nach Gewicht verkauft. Für den Iran hatte ich noch so einen und da war er ja auch ganz gut zu gebrauchen, weil es im Iran sehr viele schöne Bauten zu bestaunen gibt. Hier in Pakistan fahre ich sehr gut ohne. In Ländern, wie diesem geht/ging es mir vor allem um Landschaften, Menschen in ihrer Kultur und Lebensweise, Begegnungen und interessante Erlebnisse. Sindh war eine sehr schöne Erfahrung, zu der ich durch Abbas gekommen bin. Dann habe ich mich auf den wilden gebirgigen Norden gefreut, auf den Abbas mich mit Vorschlägen eingestimmt hat. Alles andere erfrage ich vor Ort von Menschen, die ihre heimatliche Umgebung am besten kennen und beschreiben können. Manchmal geht’s auch daneben, wenn ich nach dem Zustand der Straßen frage. „Ja, die Straße seit gut“ – und hinterher komme ich zwischen den Klamotten ins Schwitzen und breche mein Versprechen an meine treue Maschine, ihr sowas nicht wieder anzutun. So auch diesmal.

Heute hat das dreitägige Opferfest begonnen. In Bosnien heißt es Beiram, hier „Eid mubarak“. Ibrahim wollte in der Wüste Gott seinen Sohn Ismail opfern. Gott sah die Opferbereitschaft und nahm das große Opfer an, sendete Ibrahim aber ein Schaf, das er statt seines Sohnes ihm als Opfer darbringen sollte. Das war vor langer Zeit. Heute wird das Opferfest jährlich begangen, indem am ersten Tag nach dem Morgengebet ein Schaf, im Beisein der festlich gekleideten gesamten Familie eine Ziege oder ein Rind geopfert, geschlachtet wird. Das wird dann in der Familie und an Menschen, die es sich nicht leisten können verteilt und in den Tagen verspeist. Heute waren am Straßenrand vor allem viele Kinder, die Mädchen in farbenprächtigen Festkleidern, die Jungs in frischen Sachen unterwegs mit Fleisch in Plastiktüten unterwegs. Ich hoffe, das habe ich jetzt richtig verstanden und wiedergegeben. Das erklärt jetzt auch die vielen Herden, die talwärts getrieben wurden. Die Geschäfte und Garküchen sind heute zu 99 Prozent geschlossen, was bei meiner Abfahrt aus Gilgit und unterwegs ein bisschen gruselig war.

 

 

Was das Gebiet angeht, dass ich in den kommenden Tagen besuchen will, war ich seit Tagen hin und hergerissen, so unterschiedlich waren die Meinungen zu der Tour. Also wollte ich so nah wie möglich and das „Problemgebiet“ ran, um aktuelle Informationen aus erster Hand zu bekommen und hatte eine traumhaft schöne Fahrt durch das Gilgit-Flusstal in Richtung Westen.

 

 

Die Straße war fast durchgehend befestigt und fuhr sich einigermaßen gut. Hinter jeder Biegung gab es eine Belohnung für die Sinne. Der grünliche Fluss fließt sehr schnell bis reißend abwärts und wird nach oben immer klarer. Meine erste Schwiegermutter Trudchen, die Theaterschneiderin war, sagte immer „Grün und Blau schmückt die Sau“. Ich glaube, da lag sie falsch, denn hier, wie auf Hiddensee, kann ich das nicht bestätigen. Blauer Himmel, Wasser und grüne Natur passen sehr schön zusammen. Der Gilgit-Fluss ist ein wunderschönes 200 Kilometer langes Tal. Und natürlich fließt der auch in den Indus River, der den Hindukusch im Westen vom Himalaya im Osten trennt. Den Pamir bekomme ich hoffentlich in Indien zu Gesicht, wenn die Inder mich nach Kaschmir rein lassen.

 

 

Über den Tag bin ich die 180 Kilometer von 1.300 auf über 3.000 Meter Höhe gelandet. Am Ende fuhr ich auf 5 km Schotterpiste und war an dem Gästehaus, in dem ich absteigen wollte, 10 Kilometer vorbei und musste zurück. Inzwischen habe ich eine knusprig gebratene Forelle verspeist und vom Opferkalb was abbekommen. Und ich habe von den freundlichen Leuten so viel erfahren, dass nun feststeht, was ich machen werde.

 

 

Vom Schotter habe ich ja schon gekostet und der ist 100 Kilometer lang, über den SHANDUR-Pass (3.800m), durchs Chitral-Gebirge (6- und 7-Tausender) nach insgesamt 200 km nach Chitral. Ich habe gefragt, ob mich jemand aus dem Dorf begleiten kann über die Schotterstrecke. Ich bin nicht gerade ein Angsthase aber das Gebiet ist unbewohnt und wenn ich mich hinlege oder es geht was kaputt, dann möchte ich dort oben nicht alleine sein. Es ist wenig Verkehr und zumal noch Feiertag. Das Gebiet über den Schotter gilt als sicher. Danach sind Armee und Polizei stark präsent und werden mich wohl auch teilweise begleiten. Es geht entlang der afghanischen Grenze. Man hat mir angeboten, noch einen Tag hier im Dorf zu bleiben. Mal sehen.

 

 Gilgit, am 03.09.17 

 

Ich bin kaputt und niedergeschlagen. Letzteres passiert mir nun zum ersten Mal auf der Reise. Ich habe schlecht geschlafen letzte Nacht, stand trotzdem um 7:00 Uhr auf, bekam ein Frühstück erst um Neun und die Nachricht, dass sich keiner im Dorf am Feiertag finden ließ, der mich wenigstens die 50 km zum Pass hinaufbegleiten wollte. Anscheinend ist es manchmal so, dass die Bedenken sich übermächtig in den Vordergrund drängen und eine Entscheidung beeinflussen. 

Ich dachte an die 100 km Schotterpiste und meine beschissene Gabel, die die Karre (und mich) unter solchen Bedingungen, hart durchschütteln lässt, dass heute am Sonn- und Feiertag kaum jemand über diesen Pass unterwegs sein würde, der mir im Falle des Falles behilflich sein könnte daran, dass was kaputtgeht, was meine weitere Reise beeinträchtigen könnte und die Terrorgefahr entlang der afghanischen Grenze, die aber nach den Menschen dort nicht mehr vorhanden wäre.

 

Ich fuhr zurück nach Gilgit, wollte was draus machen, führ 50km ein Seitental hinauf durch staubige unschöne Dörfer, fuhr noch auf 10km Schotter und Staub weiter, drehte um und musste mächtig Gas geben, um vor Dunkelheit hier anzukommen. Den verstärkenden Rest gab mir hier dann das Erstaunen der Freunde im Hotel, dass ich wieder zurück sei, wo doch dieser Pass im Hindukusch einer der traumhaftesten sei.

 

 

Zweiter vergeblicher Versuch, die Beulen aus dem Kamera-Objektiv rauszuziehen, um die Lamelle wieder gangbar zu machen. Den guten Mann sammelte ich auf der Straße auf, nahm ihn mit seinem Dort und spendierte für die gute Gesellschaft einen soft drink. Die Getreide-Ernte in den Bergen. Tanken auf dem Lande

 

Gas geben ist auf dieser Straße ist nicht ganz ohne. Zurück fuhr ich auf der Fluss-Seite. Die entgegenkommenden Autos verlassen die Mitte der Straße nicht sondern machen noch Lichthupte und dann musste ich runter von dem ausgefransten Asphalt in den Sand und da bleibt manchmal in den engen, nicht einsehbaren Kurven noch ein halber Meter bis zum kühlen Bad zehn bis hundert Meter unter dir. Den Stress hätte ich – nun hinterher betrachtet – lieber im Schotter über den Pass mit Blick auf die 7.000er des Hindukusch hingenommen, wäre jetzt ein glücklicher friedrich-unterwegs in Chitral und hätte nicht ab morgen den Rückweg nach Islamabad auf dem Karakorum Highway nehmen müssen! Das wäre ein würdiger und zufrieden machender Abschied von der Traum-Bergwelt Pakistans gewesen. Haken dran? Ist nicht so einfach.

 

Hinzu kommen noch aktuelle Informationen von anderen Reisenden, die meine südostasiatische Reiseplanung wahrscheinlich über den Haufen schmeißen. Das muss ich aber erstmal verdauen.

 

 

Im ruhigen Madina Hotel in Gilgit habe ich ja zwischen meinen Ausflügen in die Himalaya-Bergwelt mehrmals übernachtet und mich sehr wohl gefühlt. Altaf Hussein (oder auch: Sher Baz), der Manager kümmert sich rührend um die Gäste und hat mir viele Tipps gegeben. 

 

Ich kann nach meinen Erfahrungen wirklich sagen: Pakistan, die tollen Menschen, die Bergwelt und das einfache Leben sind wirklich eine Reise wert für Leute, die sich fit fühlen und mal was Besonderes erleben wollen. Wegen der Sicherheit muss man sich keine Sorgen (mehr) machen. Polizei, Armee und private Wachdienste passen auf, dass einem Touristen ja nichts passiert. Sie sind durchweg sehr freundlich, fragen an den zahlriechen Kontrollpunkten, ob sie irgendwas für einen tun können und oft kommt man um einen Tee und einen Schwatz nicht drum rum. Mit Bussen und Kleinbussen kommt man überall hin und da, wo es dann richtig spannend und schön wird, geht es mit den kleinen und unverwüstlichen Jeeps weiter. Also, mal drüber nachdenken. 

 

Heute Nacht gab ich gegen 0:30 mit dem Hochladen auf, stand heute Morgen um 7:00 Uhr auf, um wenigstens einigermaßen wieder auf den aktuellen Stand zu kommen. Das uploaden und „Gestalten“ habe ich zwischen Zähneputzen und Maschine Packen gemacht. Unter dem Druck kommt aber nichts Vernünftiges zustande. Nun breche ich auf in Richtung Islamabad und mal sehen, wieweit ich heute komme.

 

 Islamabad, Sonntag am 10. September 2017   (km 11.400) 

 

Mann, wie die Zeit vergeht! Nun bin ich schon wieder den vierten Tag zurück in Islamabad und habe keine Zeile mehr verfasst seit meiner Abreise aus Gilgit traurig und schweren Herzens.

 

Die gleiche Strecke noch einmal zu fahren ist „borring“ oder zu Deutsch: blöd aber es ist doch anders schön, wenn man in entgegen gesetzter Richtung fährt und vor allem, wenn man bergrunter fährt. Da schaut man von oben auf die kurvenreichen Straßen und die Landschaft unter einem. Und so wurde ich die trübe Stimmung allmählich los und angesichts des Rahmenbruchs, den ich hier entdeckte, bin ich nun sogar froh, nicht über den Shandur-Pass gestuckert zu sein. 

 

Es ist schwer, Tage später lebendig über Erlebtes zu berichten, wie ich wieder mal erfahren muss. So wird die Rückreise vor allem mit Fotos Fotos erzählt. 

 

Fahrzeugwäsche mit Himalaya-Quellwasser. Erst dachte ich: ein Erdrutsch. Es fraß sich aber ein Bagger am Hang entlang, um einen Weg anzulegen. Mit den Burschen, die hier in den Bergen das Geröll wieder abräumen, möchte ich nicht tauschen! Und den schönen Bus mit „Deckspassagieren“ lasse ich nochmal vorbei fahren.

 

 

Ich weiß, diese vorbei ruckelenden Bilder sind nicht gerade Highlights. Schon lange will ich versuchen kleine Filmsequenzen, die ich gelegentlich gemacht habe, in die Seite einzubauen. Ich weiß ungefähr, wie es geht, finde aber keine Stunde Ruhe, mich mal damit zu befassen! Von dem Buch über mein nicht ganz uninteressantes Leben für meine Enkel und spätere vielleicht interessierten Nachfahren, das ich dachte, unterwegs anfangen zu können, gar nicht zu reden!          

 

Es gibt eine Stelle auf dem Karakorum Highway, von der aus man den Nanga Parbat sehen kann. Leider hat er sich wieder versteckt.

 

 

Mit hereinbrechender Dunkelheit passierte ich ein großes Nomadenlager. Eine riesige Ziegenherde kam gerade die Hänge runter, Unzählige Zelte waren aufgebaut und viele Familien hatten sich schon eingerichtet. Ob erst für den Herbst oder schon für den Winter, in dem es in dem Gebiet auf 2.000 m sicherlich kalt wird und schneit, habe ich nicht raus bekommen.

 

Ich hätte auch noch mehr Dunkelheit in Kauf genommen, wenn ich hätte in Kontakt kommen können mit einer Familie. Das aber ließen sie nicht zu. Aus ich langsam auf eine Gruppe Zelte zu ging, kam mir das weißhaarige, in Wollkleider gehüllte  Familienoberhaupt entgegen, das ich zuvor am Straßenrand schon begrüßt hatte und geleitete mich zurück zur Straße. Die Frauen und Mädchen sind wunderschön bunt, vorwiegend mit einem ganz tiefen leuchtenden Rot gekleidet. Fotografieren geht schon gar nicht. Sehr schade. Nur Kinder kamen und freuten sich über ein paar Scheine.

 

 

Oben beim Nomadenlager war es noch karg und die steilen Hänge wurden dann immer grüner. Am nächsten Tag übernachtete ich wieder an der staubigen und mit Verkehr vollgestopften Stadt Abbottabad durch die er Highway führt. Na, wer würde mit mir nachts durch solche Gassen schlendern?

Zwei halbe Tage war ich in einer ordentlichen HONDA Werkstatt, mit einem absolut fitten Schrauber. Als ich bei meiner Ankunft beobachten konnte, wie er von einer der kleinen Motorräder, die hier nur unterwegs sind, mit sicheren fixen Handgriffen die Gabel zerlegte, das Innenleben reinigte und wieder zusammen baute, wusste ich: Das ist der richtige für mich ewigen Besserwisser.

 

Es war viel zu tun. Öl und Öl-Filterwechsel, den völlig verdreckten Luftfilter reinigen, Kettenritzel wechseln, wieder mal den Benzinschlauch, der schon wieder porös war, erneuern, den zu schlappen Seitenständer richten und einige andere Dinge. Da bei einem kompletten Ölwechsel der Tank ausgebaut werden muss fand ich darunter den Rahmen gebrochen. Der Bolzen, der die Hinter- mit der Vorderkarre verbindet, hatte sich verabschiedet und eine Brücke zwischen beiden Rahmenseiten hat die Belastung natürlich nicht vertragen und klaffte auseinander. Es fand sich ein passender langer Bolzen und ein Schweißer, der eine saubere kleine Naht hinlegte.

 

 

Nun weiß ich auch über das Innenleben meiner Federbeine Bescheid. Erst wollten sie am nächsten Tag nicht ran, weil sie meinten das Problem käme vom Rahmen. Ich beharrte aber ein Zerlegen, was er dann auch einsah, als er sie mal richtig durchstukte und sie leicht klemmten und rieben. Das Öl war pechschwarz wie altes Motoröl, was eigentlich nur von Abrieb entstanden sein kann, denn die Federbeine sind geschlossen und ich habe auch noch Neopren Schützer über die Teleskope gezogen. Alles wurde schön ausgewaschen, Gabel-Öl, auch noch bestimmter Viskosität? Es kam 20-W50 Motorenöl rein – „das nehmen wir her“. Jedenfalls, ist die Gabel jetzt erheblich leichtgängiger und macht längere Wege. Ob die Stoßdämpfer arbeiten, die vorher völlig wirkungslos waren, muss ich auf schlechter Straße erst noch ausprobieren. Das dickere Öl kann sich gut aber auch schlecht auswirken.

 

 

Morgen habe ich Gelegenheit, es auszuprobieren. Ich will sehen, dass ich die Botschaften Myanmars und Thailands aufsuchen kann, um Informationen aus erster Hand zu bekommen. Nur hier habe ich noch die Gelegenheit. Und ich will versuchen zum Deutschen Botschafter vorzudringen. Vorhin bekam ich von unserem Freund Christian Kirchner, dem ich beim Hausbau in Vitte ein bisschen behilflich war, eine Nachricht, dass Martin Kobler Botschafter in Pakistan sei. Herrn Kobler habe ich mal auf Hiddensee beim Pastor Konrad als einen außergewöhnlich interessanten und spannenden Menschen kennen gelernt. Damals war er Sonderbotschafter der UN im Konfliktgebiet Kongo und wie ich später mal aus der Zeitung erfuhr, das Gleiche in Libyen, wo er – ich glaube, dort - einem Bombenanschlag entgangen ist. Ich würde mich sehr über ein paar Minuten bei ihm freuen. Mal sehen.

 

Islamabad am nächsten Tag 

 

Das ging aber noch fix gestern Abend und heute früh. Gestern Abend war wohl Uta Gau die schnellste im Lesen meiner letzten Zeilen, denn sie schickte mir gleich die private Email-Adresse von Herrn Kobler, dass ich ihn in er Nacht noch anfragen konnte. Eine Email von ihm war am Morgen schon auf meinem Handy und noch vor acht Uhr bekam ich seinen Anruf mit einer Verabredung zum Mittagessen in der Botschaft. Abbas kam mit und wir fuhren zum Botschafts-Areal.

 

Islamabad ist direkt an die alte Hauptstadt Rawalpindi „angeklebt“ und ist, wie auf einem Reißbrett komplett in rechteckigen Strukturen eingeteilt und sehr phantasievoll bezeichnet. Ich wohne bei Abbas z.B. in G11/4 und alle Botschaften befinden sich in G5, eingezäunt im Diplomatic Area, zu dem es nur einen Zugang gibt. Die Ausweis- und Nummernschilder wurden vorher schon abgefragt und so wurde ich in die Botschaft „eingeschleust“ und parkte meine treue Seele vor der schönen Residenz des Botschafters im üppig grünen Garten.

Es war eine herzliche Begrüßung, als würden wir uns schon länger kennen. Herr Kobler hat ein Ferienhaus mit dem schönen weiten Blick über die Wiesen vor Kloster und so bietet Hiddensee schonmal eine Menge Gemeinsamkeiten. Das Weltgeschehen, das wir damals so interessant und spannend diskutierten, blieb heute mal draußen. Pakistan, meine Reise, seine Akkreditierung hier erst vor kurzem und Abbas` Erläuterungen zu den Problemen in Pakistan, waren die Themen. Jedenfalls habe ich schon lange nicht mehr von solchem feinen Geschirr mit Messer und Gabel gegessen und die waren auch noch aus feinem Silber mit Bundesadler.

 

Die eineinhalb Stunden mit Herrn Kobler waren kurz und sehr schön. Es sei nun sein letzter Einsatz, aber das glaube ich nicht so ganz bei Menschen, die an so vielen Brennpunkten der Welt für D und UNO im Einsatz waren. Jedenfalls führen sie auch eine interessante Ehe: Ich erinnere mich, seine Frau war vorher Botschafterin in Ägypten, dann im Golfkrieg im Irak und als ich sie kennenlernte, gerade Generalkonsulin in New York geworden. Nun Botschafterin in Äthiopien. Ich wünsche ihm in Pakistan und seiner Gattin viel Glück und vielleicht begegnen wir uns ja mal in Grieben – dann muss Marianne Uschi´s Meißner rausrücken (; Ich bekam noch ein paar Dosen Warsteiner mit auf den Weg und die Telefonnummer, für alle Fälle.

 

King Shah Faisal Moschee (Innen allein Plaz für 30.000 Gläubige) finanziert: Saudi Arabien
King Shah Faisal Moschee (Innen allein Plaz für 30.000 Gläubige) finanziert: Saudi Arabien

Abbas. 

Er hat mich so herzlich in seiner Wohnung aufgenommen, sich wie eine Glucke um mich gekümmert und viele Dinge für mich gerichtet, dass ich nicht aus Islamabad abreisen will, ohne ein paar Worte über ihn zu sagen. Auf der anderen Seite, das weiß ich, hat es ihm gutgetan, dass ich hier war. Wir haben über so viele persönliche Dinge gesprochen, die ihn freuen, die ihn bekümmern und die ihn einsam machen. Selbst unter „Freunden“, die hier anders zu definieren sind, als bei uns, lässt man von sich nichts raus, weil sich die Anteilnahme in Grenzen hält und um sich nicht verletzbar zu machen. 

 

Er hat, weil es nicht mehr zu ertragen war, vor einiger Zeit seine Familie verlassen, und hat vor einem Jahr durch eine verlorene Wahl den Job als Protokoll Officer bei „seinem“ Minister für Kommunikation verloren und wurde zur National Highway Authority abkommandiert, wo es ihm überhaupt nicht gefällt. Am Wochenende sind wir rumgefahren, haben uns die Regierungsgebäude, in denen er mal ein und ausging, Wohnanlagen von Regierungsmitgliedern und Mitarbeitern, wo diese umsonst wohnen können, solange sie Teil des Systems sind. Vor drei Tagen haben wir in der leer stehenden Wohnung seines Ministers übernachtet, die dieser ihm kostenfrei zum Wohnen angeboten hat. Weil ein Nachbar anfragte, ob Besuch hier eine Nacht schlafen könne, zogen wir mit unseren für eine Nacht dort ein. Das ist Abbas. Zurückhaltend, immer hilfsbereit und ein offenes Ohr für Andere. In diese ordentliche Wohnung möchte er nicht ziehen, weil es dann für ihn, wie in Wandlitz wäre, auch wenn die (umgerechnet) 350 $ wehtun, wenn man nur 700 verdient. Seine ist auch gemütlicher, wenn unser wöchentliches scharfes Durchschrubben, für das ich mich aufdrängeln muss, am Erscheinungsbild auch nicht viel ändert. Nie soll ich bezahlen – mir fielen dafür ein paar Anschaffungen ein, die er gut gebrauchen kann.

 

Ich hatte mir mal vorgenommen, immer mal ein kleines Thema aufzugreifen, das mir wert ist, mal zu beschreiben. Auch wollte ich meine Maschine, an der mich über Winter in der kalten Scheune so richtig ausgesponnen und komplettiert habe, vorstellen. Ist alles noch nichts geworden, weil es täglich Neues gibt.

 

Jetzt nur mal kurz zu den Essgewohnheiten. Was es so schönes gibt, das fotografiere ich ja gelegentlich. Im Iran, wo noch alles sehr geordnet zugeht, bekommt man (ich rede hier vom Essen auf der Straße) noch Gabel und Löffel dazu. Hier gibt´s ein Fladenbrot (Rotti oder Barata, wenn es lecker in Öl aufgebacken ist) als „Besteck“ zu Teller/Schüssel mit irgendwas – meistens Chicken – und Soße, auf der dick Öl schwimmt. Mit (nur) der rechten Hand wird ein Stück vom Brot „abgekniffen“, ein „Mäulchen“ zum Brocken-Greifen oder etwas wie eine kleine Schaufel für die Soße geformt und dann hinein in die Luke. In einigen Garküchen (die auch „Hotels“ genannt werden) gibt es oft ein Waschbecken, das es aber meist nötiger, als die Finger hat. Ich nehme beide Hände, habe ja auch – wenn es möglich ist - andere Gewohnheiten…Und hinterher gibt's einen leckeren süßen Tee mit Milch aus der Kochtopf mit toller Patina. Ml sehen, wie es in Indien weiter geht. Das war der kleine Kurs: „Wie isst man hier manierlich“.

 

 

Ich habe lange überlegt, ob ich die armen Hühner mit reinnehme, denen nach dem engen Käfig nur noch die Erlösung in den Kochtopf bleibt.

 

Abreise und Abschied aus Pakistan 

 

Vor meiner Abreise aus Islamabad kam ich nicht mehr zum Schreiben. Dank der freundlichen Unterstützung vom deutschen Botschafter, Martin Kober, kam ich an die richtigen Leute in der Botschaft Myanmars und Thailands, um Informationen aus erstr Hand zu den Reisebedingungen mit eigenem Fahrzeug in den beiden Ländern zu bekommen. „Man freue sich außerordentlich, wenn ich ihr Land besuchen würde“, bekam ich zu hören. Was nützt mir das alles, wenn ich vorher schon hohe bürokratische Hürden nehmen muss, und dann auch noch bezahlter in Begleitung fahren muss. Auf meine direkte Frage, ob ich denn in Myanmar alleine fahren dürfe, bekommt man dann so Antworten, wie: Ja, aber ich müsse ja in den Provinzen immer angemeldet werden und auch die Hotels müssten ja reserviert werden. Dafür müsse ich mich vor Beantragung des Visums an ein staatlich anerkanntes Reiseunternehmen wenden, das alles erledigen würde…“ Das ist die asiatische Art, unangenehme Botschaften zu vermitteln. Das kenne ich schon. Ich werde die Fäden mal aufnehmen aber ich befasse mich so langsam mit dem Gedanken, mir den Stress nicht anzutun.

 

 

Sachen waschen, sortieren und verstauen, Maschine vorbereiten und waschen lassen, einige Sachen einkaufen. Der freundliche Schuhputzer spendierte mir noch einen Tee und wollte für die glänzenden Botten keinen Cent haben. Das ist Pakistan. In einem Buchladen, in dem Abbas ein Buch suchte, sah ich diese Auswahl an aktueller Literatur, in der vor allem die aktuelle Weltpolitik mal von einer anderen, als unserer bornierten Sicht erörtert wird. Das eine oder andere Buch wäre es wert, mal gelesen zu werden. Von Abbas verabschiedete ich mich endgültig vor seiner Behörde und dann ging´s auf die 300 Kilometer nach Lahore, an der Grenze zu Indien.

 

In Lahore hatte ich vor, einen Tag zu bleiben und tappte gleich bei meiner Ankunft und beim Umschauen nach einer Bleibe in die pakistanische „Freundlichkeitsfalle“. Naeem, mit schwarzem langem Bart hielt neben mir, spendierte einen Obstsaft und am Ende landete ich bei ihm zu Hause. Dazu mussten wir – was ich nicht ahnte – 17 km zurück durch die Stadt, dahin wo ich hergekommen war. So etwas von „Verkehr“ habe ich noch nie irgendwo erlebt! Verkehr ist eigentlich falsch, denn Verkehr bedeutet ja Bewegung. Ochsen-, Esel, Pferdekarren, Busse, LKW, Trecker, PKW, Motorräder und Handkarren, Fußgänger quetschten sich irgendwie aneinander vorbei und einige wollen ja mal abbiegen, müssen also quer zu dem Ganzen verkeilten Gewühle. Dazu der Staub, der Gestank und der ohrenbetäubende Krach! Wie halten Menschen sowas aus, wenn sie damit täglich zurechtkommen müssen? Leider habe ich kein Bild oder besser, Filmchen dazu. Ich musste ja dranbleiben.

 

Ich bekam den am besten eingerichteten Raum, wurde mit Essen und Trinken verwöhnt, die Schwestern und der Bruder und alle Kinder kamen dazu und es wurde ein lustiger Abend vor allem auch weil die Frauen in Lahore eine lange Leine haben.

 

 

Der Vater hat Geld bei de Army verdient, davon das Haus gekauft, unten nebeneinander vier winzige Läden eingerichtet. In den unergründlichen dunklen Tiefen und Innenhöfen lagern Handelsgüter, Futtermittel und -mühlen, Kanister, Säcke, 4 Kühe, 3 Gänse, eine Ziege, Hühner für Milch, Fleisch und Eier. Oben auf dem Dach gibt´s noch Papageien, Zuchttauben und Kampfhähne und -hühner. Hobby und Überlebensmittel. Naeem bezeichnet sich als Herbal-(Kräuter)Doktor. In unzähligen staubigen Schraubgläsern warten die Wundermittel auf die Bedürftigen.

 

Die nette Schwester ist Lehrerin und ich besuchte am nächsten Tag die (private) Schule. Es wäre richtig doll schön gewesen, wenn der Direktor nicht wäre mit seinem Geltungsbedürfnis vor den Schülern. Kaum hatte ich einen Satz angefangen, übernahm er und erklärte den interessierten schönen jungen Leuten (7. Klasse), was ich sagen wolle. Lehrer eben… Die Mädchen wollten am meisten wissen und gegen ein Foto gab´s nichts einzuwenden. Rechts die Pfiffigste.

 

 

Anschließend ging´s auf seinem Sozius in die Stadt auf den Kräuter- und Futtermittelmarkt, Nachdem ich bei zehnten Händler und „bestem Freund“ Platz nehmen und einen Tee oder einen Softdrink annehmen sollte, streikte ich rundweg und wir fuhren bei einbrechender Dunkelheit durch den beeindruckenden Markt der Altstadt (Sanierung von der Weltbank finanziert), schauten in einer Ringerschule auf Pakistani, spazierten durch den Park mit der Freiheitstatute, besuchten die zwei berühmtesten Moscheen (Lahore ist eines der geistigen islamischen Zentren des Subkontinents) und wühlten uns wieder nach Hause zu seiner liebenswürdigen Mutter, die immer – völlig ungewöhnlich in Pakistan – mit einem Putzlappen zu Gange war Lahore hätte mehr Zeit verdient. Wer mehr über Lahore wissen will, als ich, Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Lahore

 

 

Das war nun also der Abschied von Pakistan – bis zur letzten Minute spannend und voller Überraschungen. Zur Erinnerung: EXPECT THE UNEXPECT(ED). Es war überall sehr schön bisher, wie Im Iran mit seinen prunkvollen Bauten, wo ich tolle Freunde gefunden habe und alles so ordentlich und sauber ist. Pakistan ist – ohne es kritisieren zu wollen – dagegen schmutzig, eigentlich nichts ist ordentlich gemacht. Die Natur ist grandios. Aber übertroffen werden die Ehrfurcht einflößenden majestätischen Berge noch von den herzlichen Menschen. Die unzähligen schönen Begegnungen werden mir im Gedächtnis bleiben. Hätte ich Pakistan umschifft, es wäre nicht zu verzeihen gewesen.

 

 

 

Den „Abschied“ von Pakistan habe ich erst in Indien schreiben können. Ich verlasse mein Nest am Berghang in Dharamsala aber erst, wenn ich endlich über mein Nanga-Parbat-Erlebnis geschrieben und oben eingefügt habe. Dann muss ich mich aber beeilen, denn der Herbst und Winter werden mich bald aus den Regionen vertreiben, auf die ich mich so freue.

 

 

Der Nanga-Parbat-Bericht ist nun in einer Mammut-Sitzung endlich fertig geworden und ich glaube, es lohnt sich, in einer Mußestunde noch mal zurück zu scrollen in die phantastische Welt des Himalaya.