Libohove, Albanien, der 08.06.2022

 

An der Grenze traf ich Bernd (60), der durch Polen, Slovakei, Rumänien, Bulgarien nach Griechenland kam und heute in Durres/Albanien eine Fähre nach Italien nehmen wollte. Auf Sizilien will er zum „Welt-Treffen der Hells Angels“. Es war schön, dass wir bei einem Kaffee eine Stunden Zeit füreinander hatten. Er hatte viel Interessantes zu erzählen aus „seiner“ Welt. Mit dieser „aufgebohrten“ Harley hat er schon über 200.000 Kilometer runter, hat aber noch sechs Harleys angemeldet und wer weiß, was nicht noch alles für Fahrzeuge, u.a. Ami-Oldtimer und auch ein Wohnmobil, wenn er mit seiner Frau mal auf Reisen geht. Und er hat in aller Welt ein paar Reisen und einige hunderttausend Kilometer mehr auf dem Buckel, als ich armer Wicht. Hotelquartiere muss er selten bemühen, da er in Hells Angel- und anderen befreundeten Clubs als Reisender überall in der Welt Quartier und bei Problemen aller Art Unterstützung erhält. Toller Typ, aus Sachsen übrigens.

 

 

Und als wir beide dann (unterschiedlich schnell) losfuhren ging der erste Schauer des Tages los. Ich kroch bei einer Tankstelle unter, fuhr später weiter über befestigte Feldwege gegen die Berge, die das flache landwirtschaftliche Tal einrahmen, musste wegen Ende der Befestigung umdrehen, stand einer Gewitterwand gegenüber und schafft es vor dem Gewitter gerade in eine kleines Kaffee- und Schnaps-und Bierbude zwischen den Feldern. Ein junger Mann sprach Englisch und ich bin wieder ein bisschen „schlauer“, was das mühselige Leben für junge Leute hier auf dem Lande angeht …

 


 

 

Die Burschen gaben mir den Tipp mit dem Hotel hier oben am Berg, wieder unterhalb einer Burgruine. Eben hab´ ich im dazugehörigen Lokal Pita mit Spinat, Schafskäse vom Bauern und hausgemachtes Rosenwasser unter diesem unglaublichen Baum genossen. Es ist eine Platane, 560 (!) Jahre alt mit einem Stammumfang von 7 Metern und einer ausladenden Krone von geschätzt 50 Metern Durchmesser. Unfassbar! Und kerngesund bis in alle elend langen und gewundenen Äste und bis in die Blattspitzen, Alle ehemaligen Wunden sind mit einer glatten Rinde wieder verschlossen.  Ähnlich beeindruckt war ich in Kalifornien zwischen den Mammutbäumen, wo ich mir wie eine Maus im Walde vorkam.

 

                                      Blick auf das Dorf …                                                                                                                      ... und der Blick von meiner Terrasse  über das Tal 

 

Leskovik, der 09.06.2022

 

 

Es ist immer sehr verdächtig, wenn mir auf so einer schönen kleinen Straße in die Berge hinein, niemand entgegenkommt. Nach 15 km endete wieder mal der nette Asphalt. Da hinten am Berg geht es weiter zu den nächsten Dörfern - nur nicht für Angsthasen. Die kneifen und fahren die schöne Tour wieder zurück.

 

 

So sehen die Dörfer da oben aus. Sieht sehr idyllisch aus. Das Leben ist es vielleicht aus – aber ganz sicher nicht einfach. Diese MG-Nester wurden im Steinzeit-Kommunismus unter Envar Hoxter zu zehntausenden überall im Land gebaut. Gegen den Feind. Nur niemand hätte damals an Albanien irgendein Interesse gehabt. Es warversiegelt, wie Nordkorea“ Heute ist das anders. Schwupp waren sie danach in der NATO…

 

 

 

Neben teuren Sprit verjuckeln, habe ich heute auch was Sinnvolles gemacht, besser gesagt, machen lassen. Gestern bejammerte ich meine schönen Schuhe, die schon Zentralasien unter den Sohlen hatten und bei denen sich nun die Sohlen ablösen. Und heute traf ich auf einen kombinierten Schuster und Antiquitätenhändler (oder Sammler?). Mein Bart war schon längst fällig und da die Barbiere immer die Haare gleich mitmachen wollen, werden sie nach jedem Schnitt immer kürzer. Noch einen Frisör weiter und ich passe endgültig hierher.

 

 

Hier tritt eine Quelle unter dem Berg am Ufer, die es aber nicht vermag, den im unteren Verlauf lehmigen Fluss aufzuhübschen. Da man hier nirgendwo durch die langen Bergketten der Umgebung kommt, fuhr ich heute um das Ende herum und im Nachbartal wieder zurück nach Süden. Wäre ich diese Gabel nach rechts gefahren, wäre ich nach hundert Metern wieder in Griechenland. Den Rest meines heutigen Tages können die Bilder alleine erzählen.

 

 

Dieses Dorf war mein Ziel, zufälligerweise mit einem gewaltigen Gewitter im Rücken, das dann auch gleich losging, als klar, dass ich eine Unterkunft bekommen könne. Von meinem Balkon schaue ich in die Krone dieser gewaltigen Platane. Zwei andere stehen auch noch im Dorf. Es gibt diese kugligen beeindruckenden Bäume also öfter hier, auch wenn sie nicht so ausladend sind. Heute Nacht darf meine Beda darunter ruhen, denn zum Schlafen wird sie nicht kommen. Als ob das Wasser aus dem Stamm käme, hat man einen plätschernden Brunnen an den Stamm gebaut. An einer der beiden anderen auch.

 

 

Eine kleine Reifenwerkstatt um die Ecke hat gutes Motore-Öl und ich kann meinen 5.000km-Ölwchsel morgen dort machen. Ganz alleine geht’s nicht, da ich einen 19er Steckschlüssel dafür brauche und was zum Auffangen des alten Öls, das ich an drei schlecht zugänglichen Stellen ablassen muss. 5.000km ist natürlich nicht viel für vier Wochen im Sattel. Meine Meilen zählen ja doppelt. Deshalb bin ich wohl so müde heute und hau´ mich hin.

 


 

Leskoic am nächsten Tag

 

Es ist gleich Mittag und regnet und regnet immer noch, nein es gießt. Ab und zu mit Blitz und Donner. Das Regen-Radar verheißt nichts Gutes für heute. So aber, mit einem schweren und sehr aromatischen Rotwein und gereiftem Schafskäse, beides hier aus dem Dorf, lässt es sich aushalten. Beides schmecken so gut, dass ich mir nachher noch eine eineinhalb-Liter-Pulle vom Wein hole. Dafür verzichte ich gerne auf die obligatorische Wasserflasche in meinem Blechkoffer! Der linke Koffer ist nämlich inzwischen auch voll mit zwei Fl. Hausbrand, Oliven, Honig, Marmelade, Zitronenlikör, Oregano -  alles freundliche Geschenke, die ich unterwegs mit auf die Reise bekommen habe.

 

 

Obwohl es regnete, bin ich heute früh aufgestanden. Ölwechsel war angesagt. Mit freundlicher Unterstützung, war der in einer Stunde – sogar ohne Sauerei, wie sonst - erledigt. Ist ein bisschen kompliziert mit den drei Ablass-Stellen aber ilängst Routine für mich. Die Kerze war schwarz (?!) und die feine Iridium-Spitze etwas weggebrannt. Hatte ich dabei, gewechselt. Der Regen hat in diesem Moment aufgehört. Mal sehen, ob ich starten kann.

 

 

Opstina Struga, der 11.02,2022   (schon in Nordmakedonien)

 

 

Der Regen hatte tatsächlich aufgehört. Wenigstens so lange, bis ich über die schlechte Straße wenigstens aus den Bergen rausgekommen bin. Auch, wenn sich Bilder immer auch wiederholen, ist es wunderbar durch die Berge zu fahren. Von oben nach unten immer die gleiche Abfolge der Landschaft: Es geht in den, jetzt grünen, Hoch- bzw. Sommerweiden los. Weiter unten dann die Fichten- oder Kiefernwälder, dann Laubwald und am Ende die Hochebenen mit bestellten Feldern. Korca (Kortscha), das immer noch auf 900 m Höhe liegt, erreichte ich dann im strömenden Regen. Mit Niesel fing es an und ich war zu faul, mein primitives Regenzeug überzuziehen und „wollte es nicht nass machen, waren ja nur noch 20 Kilometer“. Schön blöd. Es erreichte zwar kein neues Wasser meine Haut aber meine legendären Schuhe waren abgesoffen. 

 

 

 

Auch wenn die Landschaft ähnlich ist, so gibt es doch immer neue Begegnungen oder Erlebnisse. Als ich von der Straße runterfuhr, um zu erfahren, was es mit dem Pferch mitten am Tag auf sich hat, meinte einer der vier Hütehunde, er müsse seine Herde beschützen, schnappte in mein Bein und ließ erst ab, als der Hirte ihm mit einem lauten Ruf zu verstehen gab, dass das in Ordnung geht. Die Hose war heil, aber abends sah ich die inzwischen getrockneten Spuren seiner Zähne durch meine Haut in der Wade. Ich holte meine Flasche Raki raus und nahm einen Schluck mit dem guten Mann und ergründete das Geschehen.

 

 

Also die Tiere wurden gemolken. Die Ziegen im runden Gatter in der Mitte wurden von dem Mann mit dem Stab von Zeit zu Zeit dazu ermahnt, sich an der kleinen Pforte anzustellen, wo sie von zwei Melkern eines nach dem anderen durchgelassen, gemolken und mit einem Schups in die Gatter links und rechts davon entlassen wurden. Um die Euter leer zu machen, reichten ein paar Striche mit kräftigen Händen. Auf die Frage nach der Menge Milch aus der Herde bekam ich keine verständliche Antwort. Und die Hunde ließen mich nach einem erneuten Befehl vom Hof rollen. Ziegen haben übrigens wunderschöne Augen. Vielleicht ist das auch schon mal jemandem aufgefallen.

 


 

Nach einer warmen Dusche und meinem abendlichen Spaziergang mit Regenschirm durchs Zentrum kann ich nichts besonderes berichten über die Stadt. Ja, mein Regenschirm. Klingt ganz schön blöd „mit Regenschirm auf Motorrad-Abenteuer“. Früher hatte ich ihn immer quer hinten angebunden, was natürlich albern aussah, bis er mir mal geklaut wurde. Jetzt, längs zwischen Koffer und Hinterrad schaut nur die runde Krücke hinten ein bisschen raus. Jedenfalls macht er sich toll in heißen Ländern als Schattenspender sowie auch bei kleinen Schauern und natürlich auch für den „Landgang“.

 

Der Ohrid-See ist etwa 30 x15 km groß, eingerahmt von imposanten Bergen  

 

 

Eine schöne Straße führte am See entlang nach Norden, wo ich Albanien verlies und über die Grenze „machte“ nach Nordmazedonien.