Noch mal los ...

 Hiddensee, am 17.05.2019  

Ja, es soll noch mal los gehen … 

Als meine unvergessliche Reise 2017-2018 sich langsam dem Ende näherte, kamen in Bangladesch zum ersten Mal Gedanken, wie „was denn nun noch?!…“ Dieses spannende und erlebnisreiche Lotterleben auf „zwei Rädern mit Motor“ würde bald zu Ende gehen. Bei allen Entbehrungen habe ich mich unterwegs entlang der Gebirge mit so wohlklingenden Namen, wie Pamir, Hindukusch, Pamir und in Ländern wie Iran, Pakistan, Indien, Nepal und Bangladesch und unter den Menschen dort immer wohl sehr gefühlt. Mit einigen von ihnen stehe ich noch in Kontakt. Damit nimmt man mitunter auch an ihren Schicksalen teil, wie:

 

VIJAY aus Puri/Nordostindien, dem ich damals ein kleines Fischerboot geschenkt habe. Vor drei Wochen hörte ich im Radio, dass sich ein ungewöhnlich starker Wirbelsturm auf die Region zu bewegt. Seit einer Woche weiß ich, dass das Boot stark beschädigt, die Netze unbrauchbar und die vier Wände mit Wellblechdach in seinem Fischer-Slum zerstört sind. Kein Strom, kein Wasser über die nächsten Monate, kein Essen, kein Geld… 

 

RAJU/Katmandu in Nepal. Er hatte ein kleines Hotel, sechs Zimmer, in dem ich wohnte. Im vergangenen Sommer gab es einen Erdrutsch in seinem Heimatdorf, bei dem der gesamte Besitz der Familie, Ackerland, Obstplantage und Haus verschwunden sind, unwiederbringlich. Tote und Verletzte in der Familie. Für die ärztliche Behandlung und das Weiterleben hat der das kleine Hotel verkaufen müssen. 

 

MORTEZA, Bauingenieur/Teheran. Die Familie betreibt eine Firma für Industrieanlagenbau. US-Embargo – keine Projekte und Aufträge mehr seit zwei Jahren. Firma dicht. Und davon ist nicht nur die eigene Firma betroffen … 

 

Das ist eine Schattenseite beim Reisen auf meine Art, wenn ferne Lebensweisen Gesichter bekommen. Und trotzdem will ich noch mal los. 

Wohin? Das war die Frage. Südamerika mit meiner Sturz-Erfahrung und Afrika, das mir fremd ist, fielen aus. Also nochmal dahin, wo ich gerade war und es so spannend war. Nur auf einem anderen Weg: Durch Zentral-Asien und China nach Nepal usw. Das scheiterte an China. Die Bedingungen, mit eigenem Fahrzeug durch China zu reisen sind so restriktiv, dass ich´s aufgegeben habe. Nur Wenigen ist es bisher gelungen frei und ohne chinesischen Aufpasser reisen zu können. Am Ende blieb „Kaukasus und Zentralasien“ übrig, was immer noch genug ist, zumal ich über Russland auf eigenen Rädern zurückkommen will. So ist nun also der grobe Plan. Mehr Plan, falls man ihn so nennen kann, habe ich nicht und nur ebenso wenige Vorstellungen, was mich erwarten wird. Wie auf der letzten Reise. Also: Adieu Hiddensee für ein paar Monate.

 

 

Zweifel, ob das alles richtig ist, was ich mir wieder mal vorgenommen nützen nun nichts mehr. Meine Maschine kommt heute per Containerschiff in Batumi/Georgien an der Ostküste des Schwarzen Meeres an. Anfang April habe ich sie in Hamburg angeliefert und nach Verzögerung ging sie in einem Container zusammen mit drei alten Autos und Second-Hand-Wohlstandsmüll (also in guter Gesellschaft) mit der MSC KATYAYNI auf Seereise. In der Türkei wurde der Container auf einen kleineren Feeder--Dampfer nach Batumi umgeladen. Nun „muss“ ich also hinterher.

 

 

Die Monate davor waren ausgefüllt mit langen Tagen in der kalten Scheune. Reifen, Radlager, Kette und Ritzel, Öl, Öl- und Luftfilter, Neu. Ventilspiele eingestellt, Bremsen zerlegt, Bremskolben und -backen und Bremsflüssigkeit erneuert u.v.m. Die meiste Zeit und Nerven habe ich an der verdammten schlechten Federung gelassen. Unzählige Male ausgebaut, zerlegt, Ölvolumen variiert, weggeschickt zum fachmännischen Service – der Federung bleibt einer Enduro unwürdig. Nicht zu ändern.

 

 

Hinzu kam noch das „Flottmachen“ der „EUROS“, dem kleinen Kielboot, das mein Vater in den 70ern gebaut hat, auf dem er 1987 tragisch und unerwartet gestorben ist und ich im gleichen Herbst auf Hiddensee aus dem Wasser holte und in der Scheune abstellte. In dem Jahr, in dem meine Seemannszeit abrupt endete und ich mit unserem Hausbau auf Hiddensee begonnen habe. Seitdem war es nicht mehr im Wasser. Fast 32 Jahre. Die Freude war groß, als Thomas, mein Bruder Interesse anmeldete. Mit renovierter Außenhaut verließ es nach schwierigen Arbeitsbedingungen (Harz- und Malerarbeiten bei Temperaturen um fünf Grad) die Scheune und schwimmt inzwischen wieder stolz auf dem Werbellinsee, seinem Geburtsort und Heimatgewässer. Meinen Vater im Himmels wird´s auch freuen.

 

Marianne quälte sich mit verschleppter Lungenentzündung durch den Winter bis es nicht mehr ging. Ihre Freundin Anette brachte sie schließlich in ihrer Uni-Klinik in Leipzig unter und kümmerte sich um eine gründliche und umfangreiche Untersuchung. Nun geht es wieder aufwärts mir ihr. Freunde habe sich angeboten, für die schweren Dinge und ich kann in drei Tagen einigermaßen beruhigt die Insel verlassen.