Ich will hier auf der neuen Seite nochmal auf den wohlwollenden Artikel hinweisen, der auf der Seite der Deutschen Botschaft in Kathmandu eingestellt wurde. Einfach anklicken.
http://www.kathmandu.diplo.de/Vertretung/kathmandu/de/00/Motorradtour_202017.html
Darjeeling, am 18.11.2017
Darjeeling. Kennt jeder, der Freude an einen guten Tee, an einem der besten auf dieser Welt, hat. Und da denkt man doch gleich, Darjeeling, das muss eine irre REGION sein. Irre stimmt – das werde ich in den nächsten Tagen noch ergründen und mich daran satt sehen aber Darjeeling ist keine Region, sondern eine STADT in der Provinz SIKKIM. Das wusste ich, der blauäugige Abenteurer, vorher nicht, wie so vieles, was ich erst unterwegs erfahren habe. Manch einer wird darüber schmunzeln, wie blöde und unvorbereitet ich auf ein Stückchen Weltreise aufgebrochen bin. Zum Glück habe ich gutes Maß an Selbstbewusstsein und muss selber öfter mal schmunzeln darüber, wie ich mir ein wunderschönes Eckchen unserer Erde entdecke. INDIEN II ist eröffnet.
Das war die Grenze auf der indischen Seite und es war nicht weit bis nach SHILIGURI, der Provinzhauptstadt von Sikkim. Sikkim war bis 1975 ein eigener Staat und gehört seitdem zu Indien. Ich habe mich mit Asien immer sehr beschäftigt aber dass es mal das Land Sikkim gab und wie Indien diesen schönen Flecken geschluckt hat, habe ich nicht mitbekommen. Dort habe ich nur übernachtet und den Mark durchstreift.
Die Region vor und dann nach der Grenze nach Indien war flach aber im Norden begleiteten mit immer grüne Berge. Auf die fuhr ich dann von Shiliguri aus drauflos. Neben der Straße gelegentlich angerostete Gleise einer Kleinspurbahn. Nach einem Checkpoint, an dem Straßengebühr entrichtet werden musste (ich wurde durchgewunken), ging es dann bergauf. Schmale Straße, Kurve an Kurve an Kurve und mit einer Steigung von fast immer (geschätzt) 15 Prozent. Vor den engen Kurven immer die Entgegenkommer anhupen, um keine Überraschung zu erleben. Es hat Spaß gemacht. Zwischendurch gab es sehr schöne Ausblicke und dann der den ersten Blick auf das KANCHENJUNGA-Massiv. Auch davon habe ich noch nie gehört. Der Kanchenjunga ist immerhin 8.600 m hoch.
Und plötzlich, bei fast 2.000 m tauchten die Kleinbahnschienen (62 cm) wieder auf und begleiteten die Straße auch durch die engen Ortschaften hindurch. Da dämmerte es mir. Im TV gab es mal eine wirklich schöne Reisereportage (ich bin kein besonderer Liebling dieser Reportagen) über eine Kleinbahn, die ich aber dem äußersten Nordosten Indiens zuordnete. Sie wurde unter englischer Regie etwa 1890 in nur 2 Jahren (!) gebaut. Wie sie die Steigung in „Gleissteigung“ abseits der steilen Straße umgesetzt haben ist enorm (das könnten die Engländer heute wahrscheinlich nicht mehr, weil es einfacher ist, Geld aus Geld zu machen). Leider bekomme ich das nicht zu sehen. Der Betrieb ist eingestellt. Die Bahn beginnt im flachen Land in Shilgori und endet im nächsten Nest hinter Darjeeling. Damit sind die Engländer der Hitze entflohen und haben den Tee aus den Bergen geholt. In Darjeeling auf dem Bahnhof beheizen sie als Attraktion einige stehende Dampfloks mit Kohle. Schade.
Ich bin jetzt zwei Tage hier, an denen ich wieder mal in der Werkstatt war – meine Fußbremse funktionierte nicht mehr und ich hatte Laufereien wegen Genehmigungen, die ich für das Bereisen für Sikkim brauche. Die Stadt ist an die steilen Berghänge geklebt und die Häuser stehen wie aufeinander. Schwierig, anschauliche Fotos zu machen. Vielleicht komme ich später noch dazu. Morgen will ich weg in das Gebiet nördlich der Stadt und sehen, wo der tolle Tee wächst. Es ist schon wieder gleich Mitternacht und ich will meine Email-Schulden noch abarbeiten. Dass ich das immer nur knapp machen kann, tut mir leid, wo ich mich doch immer freue, wenn es mal was Neues von zu Hause gibt.
Am nächsten Tag.
Der Ausflug war nicht, wie erhofft. An drei Seiten der Stadt geht´s steil bergab in ein riesiges und tiefes und riesiges besiedeltes Tal an der vierten erstreckt sich die Stadt bis auf den Berg hinauf. Leider habe ich keinen Punkt gefunden, von dem aus ich mal einen unverstellten Blick von außen auf die verrückte Stadt haben konnte. Ein Bild bei Restlicht am Abend und das zweite heute bei schlechter Sicht und Gegenlicht.
Überall „nageln“ die robusten und rußenden Jeeps vor der Nase her, die hier als Sammeltaxis den Nahverkehr bedienen. Es passen auch in einen Jeep 12-14 Leute. Ich war dann zu Fuß in den engen Gassen und über steile Treppen die zwischen den eng stehenden Häusern die am Hang langlaufenden Gassen verbinden. Es war ohnehin diesig und der Himmel war zu.
Mehr als ein Sammelsurium von wenig anschauliche Fotos vom Treiben in der Stadt habe ich heute nicht
Die Sachen sind gepackt, morgen früh breche ich auf nach West-Sikkim. Es gibt von hier aus nur eine brauchbare Straße. An der ist auch der Kontrollpunkt, wo ich meine Genehmigung vorzeigen muss.
Vorgestern traf ich Mischa aus der Mainzer Gegend in der Stadt, der sich im Süden Indiens ein TukTuk gekauft hat und damit schon viele Monate unterwegs ist. Er hat eine interessante Metamorphose vom Schwererziehbaren zum „Deutschland-Stipendiaten“ zum Studium für Bauwesen durchgemacht (Ich hoffe, ich darf das schreiben). Wir tranken ein paar Bier auf meiner Bude, philosophierten über das Leben und ich bekam eine Menge guter Tipps zu Sikkim und auch über den Süden Indiens, der sehr schön sein muss. So ein geniales wendiges Dreirad mit Dach zu mieten oder zu kaufen, ist auch eine tolle Idee zu reisen. Das hatte ich Claudia und Holger schon vorgeschlagen, als sie mit Henri und frühreifem Fünfjährigen Jannek im Winter nach Thailand reisten. Alle passen rein, die Klamotten kriegt man mit und der Spaß fährt ganz sicher auch noch mit. Wo wir gerade beim Spaß sind: Mein Navi ist nun wohl kaputt.
Gangtok, (Ost-Sikkim) der 21.11.2017
Ich fühle mich besser, wenn ich mich bewege mit meiner Maschine und ein Stückchen weiterkomme. So bin ich nun in Gangtok gelandet. Auf der ersten Häfte er Streckes ging es auf einer sehr schönen schmalen Straße kurvig und durch dichte Wälder von 2.000 Höhenmeter bergab. Der Fluss liegt auf nur 300 Metern. Unterwegs lungerten drei Affenfamilien am Straßenrand rum, neugierig aber ängstlich.
So sieht Straßenbau hier in den Bergen aus. Meter für Meter per Schippe und per Hand. Für eine bessere Griffigkeit der steilen Straße werden gebrochene Steine in regelmäßigem Muster in den weichen Asphalt gedrückt. Die Arbeitsfugen werden sorgfältig versiegelt.
Gangtok ist ähnlich groß, wie Darjeeling und der Kern der Stadt liegt genauso an einem steilen Abhang. Wer nicht das Glück hat, dass sein Haus an der Straße liegt, kann es nur über steile Stiegen zwischen den dicht an dicht gebauten Häusern erreichen. Es gibt bestimmt hunderte große Hotels hier. Mansche liegen so eingeklemmt von anderen Häusern und so dunkel, dass man sich fragen muss, wer will denn da absteigen? Die grünen Berge und das kühle Klima hier ziehen viele Touristen an, die dem Krach, de verpesteten Luft und der Hitze entfliehen wollen. Es tummeln sich vor allem einheimische indische Ausflügler hier, Weißgesichter habe ich nur eine Handvoll gesehen.
Die beiden Mädels mit großen Rucksäcken behängt, schlenderten allein, untergehakt und schnatternd selbstbewusst vor mir her, dass sich mich vorbeidrängte, um einen Schnappschuss von ihnen zu machen. Manchmal sehen sie albern aus, die Polizisten, wenn sie versuchen, Ordnung in den Verkehr zu bringen. Jedoch ist es rührend und effektiv, wie sie sich mit Handzeichen manchmal um jedes einzelne Fahrzeug kümmern. Dieser hier war perfekt darin, denn jeder bekam seinen persönlichen Wink. Die unzähligen Polizisten werden 100%tig akzeptiert, obwohl sie ohne respekteinflößende Bewaffnung auskommen. In Pakistan waren sie schwer bewaffnet, in Nepal mit langen dünnen Stöcken bewehrt und hier reichen meistens eine khakifarbene Uniformhose, ein Barrett und dazwischen irgendeine Jacke.
Ich habe mir wieder ein Hotel mit weitem Ausblick am steilen Abhang gesucht. Gemütliche Zimmer kostet mit freundlichem Rabatt „allerdings 15€“. Nur um mal zu verdeutlichen, an welch steilen Abhang hier die Häuser geklebt sind. Mit vielleicht 15 m Abstand steht unter meinem Fenster ein sechsstöckiges Haus und ich gucke noch ca. 5 Meter über das Dach hinweg in die Weite. Blick aus dem Fenster am Abend und in der Nacht
Heute wollte ich durch die Berge zu einem vierzig Kilometer entfernten See, der zwischen schneebedeckten Bergen liegt. Ich kam nur ein paar Kilometer bis zu einem Schlagbaum. „Permission?“ Hatte ich natürlich nicht. Meine allgemeine für die Region reiche nicht. Also, ziemlich übel gelaunt, wieder runter in Serpentinen durch die Stadt zu einer Distrikt-Behörde. Fünf verschiedene Dokumente hätte ich vorlegen müssen einschließlich Versicherung und ein Umweltzertifikat fürs Motorrad (die ich natürlich nicht habe). Na, und ohne Guide geht’s sowieso nicht, kam am Ende noch raus. Grenzgebiet zu China!
Ich schenkte ihnen meinen schon ausgefüllten Antrag, zerknüllt, „bedankte“ mich für die „Gastfreundschaft“ und ärgerte mich deshalb dann hinterher über mich selber, zumal die Sonne langsam den blöden Nebel und Dunst durchbrach. Ich wusste von einem Wasserfall und so fuhr ich 30 Kilometer nach Norden raus durch die üppig bewaldeten steilen Berge und hatte wieder einmal einen schönen Tag. Der dichte Wald ist wie ein Tropenwald, satt und saftig. Von den Bäumen, die hier wachsen, kenne ich nicht einen einzigen. Viele Büsche blühen, wie im Frühling.
Ich habe diesmal meine Wäsche waschen lassen, da ich sie auf Bude nicht trocken und meine „Fahr-Hose“ mit Ölflecken nach den letzten Einsätzen letzten nicht sauber kriege. Sie passt zu meinem völlig verkorksten Darjeeling-Haarschnitt. Die Haare wachsen nach aber die praktische Hose nicht.
Morgen fahre ich (zurück) nach Westen ins Gebiet nördlich von Darjeeling, wo man aber von dort aus über die Berge nicht hingelangen kann. Wenn alles gut geht, habe ich nach einer Woche einen „Looping“ durch Sikkim gemacht. Danach will ich entlang des Südgrenze des Königreichs Bhutan weiter in die nordöstlichste Ecke von Indien nach Assam und umliegende Provinzen.
Zickenböckchen-Schule, Einzelausbildung. Der Kleine ließ nicht locker und wollte nicht aufhören
Legship (West-Sikkim), 22.11.2017
Heute: Hundert Kilometer durch die Berge und üppig-grünen subtropischem Wald, zweitausend Höhenmeter runter-rauf-runter auf schmaler, meist schlechter Straße aber leider bei diesigem Wetter.
Legschip ist ein kleines Nest und liegt in einer grünen Schlucht. Im hinduistischen Tempel auf der anderen Fluss-Seite wurden durch die „Tet-Zeremonie“ Jugendliche im Beisein der Familien zu „Männern“ geweiht. Von nun an dürfen sie heiraten aber kein Fleisch mehr essen und keinen Alkohol mehr trinken (was aber in der heutigen Zeit nicht mehr so wörtlich genommen wird), weihte man mich ein. Jeder Leser kann für sich entscheiden, was er vorziehen würde. So schaue ich gerade auf die Kreuzung runter
Khechiperi Lake, am 26.11.2017
Ich wollte den Heiligen See besuchen und für eine Nacht bleiben, falls ich eine Unterkunft finde. Nun bin ich vier Tage geblieben, weil etwa so das Paradies aussehen muss. Der Blick aus meinem Fenster
Sikkim bietet wirklich eine wunderschöne Landschaft. Die Berge, bis zu 3.000 Meter hoch, sind bis auf die Gipfel mit sattgrünem dichtem tropischen Wald überzogen. Die schmale Straße von Legship ging entlang der grünen Bergabhänge, bestand nur aus Kurven und war ziemlich kaputt. So musste ich immer anhalten, wenn ich von der Umgebung etwas mitbekommen wollte und ein besonderer Fahrspaß war es auch nicht, da ich aus Rücksicht auf den Rahmen nun auf solchen Straßen langsam fahre.
Der See ist an drei Seiten von Bergen eingerahmt und sieht von oben betrachtet, aus, wie ein Fußabdruck. Da ist natürlich klar, dass es einer ist, den Bhudda hinterlassen hat. Jedenfalls ist der See heilig und die fetten Karpfen darin damit natürlich auch. Es waren mächtige Exemplare darunter, auch dank der Fütterung durch Pilger und Touristen.. Kampf um einen Keks
Latup.
Quartier habe ich bei Latup gefunden. Er betreibt unten am Parkplatz, wo die Straße zum See und zu einem bedeutenden Kloster endet, eine Garküche und einen dieser winzigen Läden und hat von seinem Vater diesen zugigen Holzbungalow übernommen. Sein Vater ist mit Verbrennungen, die sich vor vier Wochen beim Löschen seines in Brand geratenen Hauses geholt hat ebenso wie seine Mutter, die sich zur gleichen Zeit auf ihrem kleinen Feld ein Bein gebrochen hat, unten im Dorf im Bett. Latup hat Pläne. Er will diesen Bungalow etwas attraktiver machen und sich nebenan ein kleines festes Haus bauen und sich ´ne Frau suchen. Da seine Eltern einen Sohn verloren haben, haben sie von einer 17jährigen nach der Geburt einen kleinen Jungen adoptiert. So hat Latup noch einen Bruder von vier Jahren.
Ich wohne in einem der windigen Holzverschläge und mir ist (arsch)kalt, obwohl es erst 15:00 Uhr Ist. Heute hat sich die Sonne überhaupt nicht blicken lassen. Dafür sitze ich mit meinem Laptop am geöffneten Fenster und habe einen traumhaften Blick in ein Stückchen Paradies. So empfinde ich es wirklich. Falls ich wirklich für spirituelle Dinge empfindlich sein sollte, dann ist mir das hier widerfahren, denn ich bin immer noch hier. Vor mir, unter meinem Fenster liegt ein kleines grünes Plateau mit dem irgendwann eingetrockneten ursprünglichen See und einzelnen Häuschen zwischen den Kardamom-Feldern. Dahinter geht es tausend Meter abwärts in eine Schlucht und gegenüber fallen in verschiedenen Grautönen die Silhouetten der Berge ineinander. Davor, am Abhang in eine flache Senke eingebettet, YUKSOM, die ehemalige Hauptstadt Sikkims.
Neben dem vereinzelten Hahnenkrähen oder Hundegebell sind den ganzen Tag über die gesungenen Gebete der etwa achtzig Mönche aus dem Kloster unter mir zu hören. Dazu kommen dann die verschiedensten Einlagen von Instrumenten, wie kurzen Tröten und langen Posaunen, Glöckchen-Bimmeln, die große Trommel, und aller möglichen Blechgeräusche. Auch wenn die Einlagen alles Andere als melodisch sind, machen sie eine besondere Stimmung. Die monotonen Gesänge sind – auch oder trotz Eintönigkeit – sehr schön.
Im Kloster findet gerade eine Zeremonie statt, die drei Monate andauert, bei der die Mönche von früh um Fünf bis abends 21 Uhr sitzen und beten. Viele Mönche aus anderen Regionen und Nepal sind auch aus anderen Regionen dazu angereist. Abends habe ich mich immer in der großen Halle in eine Ecke gesetzt und den Gesängen gelauscht und abgeschaltet. Es war sehr schön und etwas Einmaliges für mich. Nachher laufe ich im Dunkeln noch mal runter und lass mich von den Gebeten und Klängen berieseln.
Vorgestern bin ich durch den Wald bergauf gelaufen und gekraxelt und dachte, ich hätte von dort oben vielleicht einen freien Blick auf den See. Der Wald war dazwischen. Der Wald hier ist unglaublich dicht, sattgrün und artenreich, am Boden und was in die Höhe wächst. Auf diesem halben Quadratmeter bewachsenen Stein habe zehn verschiedene Pflanzen gezählt. Oben ist ein kleines Dorf, zwei Gästehäuser und das Alte Kloster. Drei junge Deutsche aus Hannover warteten mit Rucksäcken und ihrer Buchung vor einem abseits gelegenen Quartier schon ein paar Stunden auf den Vermieter. Da ich ohnehin ins Dorf wollte, bot ich mich an, der Sache auf den Grund zu gehen. Und siehe da, in der zweiten Pension wusste man, dass der Vermieter gerade in Süd-Sikkim sei. Das raus zu bekommen, hätten sie auch alleine und früher draufkommen können. Die Jugend eben …
Gestern habe ich mich Finn (Irland) und Pauline (Frankreich) angeschlossen, die mit einem Führer runter in die Schlucht zur Meditationshöhle und zum Wasserfall wandern wollten. Es war herrlich durch den saftigen Wald aber eine ordentliche Herausforderung für mich. Mit meinen sterbenden Nerven in den Beinen, habe ich große Balanceprobleme. Der Steig auf Fels, Steinen, Wurzeln oder Erde der am Abhang entlangführte, war meist nur einen Fuß breit und viel mit Laub und Ästen bedeckt, dass man nicht wusste, wo man hintritt. Klettern und an Wurzeln und Ästen hoch und runterhangeln war inbegriffen. Meinen langen grünen Bambusknüppel wollte ich als „Fallschirm“ benutzen, falls ich an fast senkrechten Wänden durch den Urwald abwärts geschliddert wäre. Ob das funktioniert hätte, bekam ich aber nicht raus. Zuerst kamen wir an die Heilige Höhle in der ein wichtiger Guru sich vor langer Zeit zurückgezogen und meditiert haben soll.
Dann ging´s richtig steil bergab zu einem der Wasserfälle, die in die Schlucht hinunterfließen. Überall sickerte und sprudelte Wasser aus dem Berg. Es hieß, 3 Stunden braucht man für die 4-500 Meter Höhenunterschied – wir waren – wohl wegen meiner Behäbigkeit - nach 5 Stunden zurück und ich war klitschnass unter meinen ungeeigneten Klamotten und in meinen Lieblingsschuhen mit glatten Sohlen und erstmal am Ende aber glücklich über den Spaziergang.
Noch weiter oberhalb meiner Unterkunft hat Latup´s Onkel, der nur wenig älter als Latup ist, für seine Familie und mit Zimmern zum Vermieten sechs Jahre lang ein schönes Haus gebaut. Mit viel Geschmack und hohem (sikkimschen) Anspruch. Für die dicken Wände wurden diese besonders spröden Natursteine per Hand zurecht gemeißelt. Innen ist schönes Holz, u.a. von wildwachsenden Avocado-Bäumen. Gutes Nutzholz in privaten Wäldern gibt es kaum noch und aus den staatlichen Urwäldern darf nach Genehmigung nur totes Holz geschlagen werden. Er ist seit einigen Jahren mit einer Japanerin verheiratet, die zum ersten Mal in dem (noch) unbeheizbaren Haus mit überwintern will. Sie haben einen reizenden zweieinhalb jährigen Jungen, den ich erst immer als Mädchen angesprochen hatte. Er verlangt immer noch die Brust aber er ist körperlich sehr geschickt und schlau. Ich hatte ihn unten im Dorf schon bewundert. Als Vater ein Kohlebecken im Wohnraum in Gang bringen wollte, brachte er nacheinander drei verschiedene sinnvolle Hilfsmittel um ein Feuer anzublasen, u.a. ein Biertrinkhalm aus Bambus, der natürlich leider zu dünn ist. Ich war zweimal oben bei ihnen zum Tee und schönen Gesprächen, konnte warm duschen und mal wieder auf einem Klo sitzen. Beim Gebet mit Vatern
Gestern Abend saßen wir mit Freunden von Latup und Paulin und Finn, der einen langen Kerosin-Feuerstab dabei hatte und eine schöne Show vorführte, bis in die kalte, dunkle Nacht am Feuer und tranken das Bier, das die Leute hier in Bergen brauen. Kleine Samenkörner, die ich nicht kenne, werden aufbereitet, die man dann 4-6 Wochen gären lässt. Gestern wurden die dicken Bambus-Becher damit bis oben gefüllt und mit heißem Wasser aufgefüllt und mit Bambus-Trinkröhrchen langsam ausgeschlürft. Nach dreifachem Aufguss schmeckte es immer besser, weil man sich in das säuerliche und alkoholische Getränk erstmal „eintrinken“ muss.
Am nächsten Tag saß ein Mönch auf meiner Terrasse, ruhte und genoss den traumhaften Blick. Er ist Tibetaner, seit 20 Jahren in Dharamsala, wo der Dalai Lama seinen Wohnsitz hat und lehrt dort an der Buddhistischen Universität Religion und ist jetzt für mehrere Monate auf Pilgerreise. Ich setzte mich zu ihm und bot meine Mandarinen an. Wir redeten und schwiegen miteinander.
Es ist mir auf der Reise schon öfter so ergangen, dass es mir, wenn ich irgendwo länger blieb, schwerfiel abzureisen. Dieses Mal ganz besonders. Meistens hing es mit den guten Menschen zusammen, mit denen ich mich angefreundet hatte. Hier war es zusätzlich ganz stark die unvergleichlich traumhaft schöne Natur. Aber da war noch etwas anderes, was ich nicht beschreiben oder deuten kann. Zu viel Heiliges um mich rum, Gebete, Gesänge und Klänge aus dem Kloster von früh bis spät, ein heiliger See, eine heilige Höhle…? Ich weiß es nicht – jedenfalls ist es ein besonderer Ort, wenn man sich dort in Ruhe niederlässt. Ich glaube, in eine solche Gefühlslage werde ich wohl nicht wieder kommen.
Abends saß ich immer lange in meiner Ecke im Kloster und lauschte den Ritualen der Mönche (wie ich dachte). Am letzten Abend saß ich mit Latup in tiefer Dunkelheit, in eine Decke eingehüllt, noch lange auf der Terrasse. Nur winzige Lichter waren in der Ferne an den gegenüberliegen Berghängen zu sehen und es rauschte einmal im Blätterdach, als mein erster Regen seit Monaten niederging. „Mönche? Das sind alles Nonnen! Auch die Angereisten. Dies hier ist ein Frauenkloster.“ Auf die Idee wäre ich bei den kahl geschorenen Köpfen nicht gekommen, weil ich die Gesichter von meinem Platz aus auch nicht richtig sehen konnte. Am letzten Abend saß ein ehrwürdiger Greis unter dem goldenen Buddha. Als er am Ende, von Nonnen gestützt, die Gebetshalle verließ, standen alle Nonnen in großem Halbkreis vor der Treppe und verneigten sich vor ihm.
Lumding, 30.11.2017
Lumding ist eine Stadt mitten in einem großen hügligen Waldgebiet und besteht vor allem aus Holzhütten und einigen festen Gebäuden. So jedenfalls war mein Eindruck, als ich auf der Suche nach einem Bett für die Nacht im Dunkeln hier reinrollte. Meine Absteige gehört zu den festen Gebäuden. „Chicken Masala“ habe ich gegessen. Obwohl ich aus dem kleinen Blechschälchen drei Esslöffel Öl abgeschöpft habe, ist mir Stunden später immer noch schlecht. Es hätte gut schmecken können… Auch der Spaziergang durch den abendlichen großen Markt half nicht. Ich hätte den Rest Rum im Taschenrutscher gestern nicht austrinken sollen.
Der Abschied aus den Bergen Sikkims wurde mir etwas leichter gemacht durch die fürchterlichen Straßen. Auf einem anderen Weg als dem auf dem ich hochgefahren bin landete ich auf durchgängig kaputten Straßen in Legschip, wo ich schon mal übernachtet habe. Wie für das erste Stück, so bekam ich auch hier die Auskunft die 25km Straße bis Jorethang wären in Ordnung. Was ist das für eine Macke, nicht den Zustand einer Straße beschreiben zu können oder zu wollen? Zwei Stunden vor Dunkelwerden sollte das kein Problem sein. Gleich hinter Legship fing die Baustelle an und endete in Jorethang. Kein Meter Asphalt war mehr vorhanden. An unzähligen Stellen fraßen sich Bagger für die Verbreiterung der Straße in die Abhänge. Schlimm war, dass sie mit Wasserwagen die Straße gegen den Staub nass gejaucht haben und diesen in Schmierseife verwandelt haben. Ein kräftiger Regenschauer besorgte den Rest. Es war schwieriges Fahren. Die Beine bis zu den Knien vermoddert und die Maschine sowieso. Ein halber Taschenrutscher Rum und ´ne Pulle Bier halfen mir dann, abends beim Schreiben drüber hinweg.
Nun habe ich auch noch eingefangen, wie der griffige Stachel-Asphalt in den Bergen entsteht
Ziemlich abrupt war ich aus den Bergen raus und im völlig ebenen Flachland vor den Bergen, die bald nicht mehr zu sehen waren. Es geht nun knapp tausend Kilometer nach Osten, parallel zur südlichen Grenze Burmas durch die Provinz Assam nach Nagaland an der Grenze zu Myanmar (Burma). Dort findet in KOHIMA vom 1. bis 7. Dezember das jährliche und in ganz Indien bekannte HORN BILL FESTIVAL statt. Den Tipp habe ich von Mischa, der mit seinem TukTuk ebenfalls dorthin unterwegs ist. Danach werde ich den äußersten Nordosten Indiens bereisen, sofern man mich in die Provinzen rein lässt. Ich hoffe, die „Permits“ (Genehmigungen) sind inzwischen abgeschafft, von denen ich von Finn erfuhr.
Ich wäre zu gerne durch das Königreich BHUTAN gereist, das auch traumhaft sein muss. Ich habe aber kein Visum und man verlangt für jeden Tag Aufenthalt 200€ und man muss sich auch noch einen Führer zumuten. Sie wollen damit den Massentourismus aus ihrem Land und ihrer Kultur fernhalten.
Die letzten beiden Tage fuhr ich durch absolut ebenes, flaches Land. Teeplantagen, Reisfelder, Wälder, Buschland, Sümpfe, Ortschaften und Brücken über breite, flache Flussläufe, bestimmten das Bild. Der tiefste Punkt: Nur 42 Meter über dem Meer. Wie gelangt das Wasser bis zu den über 400 Kilometer entfernten zerfurchten Flussmündungen in Bangladesch?
Werde ich Touristenrummel oder/und etwas Schönes zu sehen bekommen? Ich bin gespannt. Wenn ich hier öfter von Touristen rede, geht’s zu 99,99 % immer um indische Touristen. In Sikkim habe ich kaum Langnasen gesehen. Mischa zum Beispiel. Der trifft mit seiner Rikscha auch morgen dort ein. Die erste Aufgabe ist es dann, Quartier zu finden.
Golaghat (Assam) am 04.12.2017
Das „Hornbill-Festival“ in Kohima (Nagaland).
Nagaland grenzt an Myanmar. Es wäre also nicht weit bis zu dem Tor, durch das ich nach Südostasien passiert hätte, wenn ich stur mein Ziel angepeilt hätte. Aber da habe ich nun ja schon vor einer Weile einen Haken drangemacht und mich entschieden, die Reise irgendwann und irgendwo in Indien enden zu lassen. Und ich wirklich nicht traurig darüber.
Die Anreise nach Kohima - erst so schön durch den grünen Wald und dann durch die Dunkelheit
Es war schwierig oben in Kohima, ein freies Zimmer zu bekommen. Da ich nach neun Stunden im Sattel wieder einmal erst in der der Dunkelheit an meinem Ziel angekommen bin, habe ich mir – ein bisschen entnervt und mit Kopfschmerzen - von Booking.com ein Zimmer suchen lassen. Das billigste für 35€. Für die dritte Nacht musste ich raus und kam in Mischas Kaschemme unter.
Dieses Festival ist inzwischen über die Grenzen von Indien hinaus bekannt. Es gibt 17 verschiedene Ethnien in Nagaland mit eigenen Sprachen, die exotischsten entlang der Grenze zu Myanmar (Burma).
Vor 15 Jahren kam man auf die Idee, durch das Präsentieren der Kultur der Tribes, deren Traditionen am Leben zu erhalten. Inzwischen wurde ein durchorganisiertes Festival daraus und ein Touristenmagnet zu dem auch viele indische Biker eine Tour in den Norden machen.
Nee, die beiden gehören nicht dazu, sind aber auch Exoten, die mit dem TukTuk durch Indien zuckeln. Mischa und sein Freund Marvin (Vorschul-, Schul- und Dauerfreunde. Marvin ist kürzlich angereist, spielt leidlich Gitarre, singt aber sehr schön dazu.
Vor 15 Jahren kam man auf die Idee, durch das Präsentieren der Kultur der Tribes, deren Traditionen am Leben zu erhalten. Inzwischen wurde ein durchorganisierte Festival daraus und ein Touristenmagnet zu dem auch viele indische Biker eine Tour in den Norden machen.
Der Name des Festivals ist dem Wappenvogel Nagalands, dem Hornbill entliehen, den es wohl nur hier gibt. In den Hütten der Stämme wurde Traditionelles gekocht und angeboten, wie z.B. fettes Schweinefleisch geräuchert und gekocht. Hmmm! Nach Monaten nur Chicken, wenn man mal kein Veganes essen will.
Abends war großer Nachtmarkt. Da gab es an den improvisierten Garküchen auch mal andere Sachen, als im indischen scharfen alltäglichen Essen. Was mich überrascht hat: über 90 Prozent der asiatisch aussehenden Menschen der Region sind Christen (Baptisten) und viele Kirchen gibt. Und im Hoteleingang stand dieser Weihnachtsbaum zum Ersten Advent. In Grieben, vor unserem Haus steht seit vielen in diesem Jahr mal keiner.
Am Morgen der Abreise: Mischa´s TukTuk von außen und innen und ihre Junggesellenbude
Als ich den Bergen und dem Gestuckere entronnen war bog ich ab zu einer Ziegelei. Hier wird genauso ein Ringofen gebaut, wie in der Ziegelei am Werbellinsee, auf deren Gelände direkt am See wir 1958-65 gelebt haben. Es war ein toller Abenteuerspielplatz. Am Werbellinsee war das Oval, in dem das Feuer durch die Kohlebefeuerung von oben langsam ringsherum wanderte (gezogen wurde) nur als Gewölbe gemauert. Hier ist es von oben nur mit Sand abgedeckt. Ansonsten wie abgekupfert.
Beim letzten Rahmen-Schweißen wusste ich, dass ein Problem übriggeblieben war. Der Luftfilterkasten, am Heckrahmen befestigt, saß schief im Rahmen. Als die Verkleidung noch ab war, ließ ich deswegen mehrere Leute den Rahmen untersuchen – niemand störte sich daran oder fand einen weiteren Bruch. So fuhr die ganze Zeit der Zweifel mit. Unterwegs merkte ich dann, dass wieder mal was nicht stimmt. Es war ziemlich schnell klar, dass unsichtbar unter der Verkleidung, beide Seiten durch waren. Nach so vielen Brüchen gehe ich damit „cool“ um und kurvte mit äußerster Vorsicht um die Tausenden Schlaglöcher rum oder fuhr halbes Schritttempo, wo es keine Straße mehr gab und „hielt durch, bis er das Ufer gewann“ (John Meynert).in Golagath.
An einer neuen Stelle waren auf beiden Seiten die Rohre, auf das sich das Heck abstützt, durchgebrochen und auf der linken Seite klaffte der Bruch 2 cm auseinander. Der Spalt machte mir so viel Sorgen, dass ich nachts um 5:00 Uhr nach einem Schlafunterbrechungspinkeln nicht mehr in meinen Pferdecken einschlafen konnte. Ich hatte mich am Morgen mit einer Werkstatt verabredet und war mir nachts, wo alle Probleme sich aufbauschen, nicht sicher, ob ich an die richtigen Leute geraten bin.
War ich aber. Die üblichen Ringsrumsteher gratulierten mir am nächsten Tag dazu, dass ich an den besten Meister der Stadt und den feinen Kerl Gurcharan Singh geraten sei, der Schweißen sollte. Beides traf zu. Der Meister mit seinen Gesellen zerpflückte die Maschine, dass mir angst und bange wurde und Gurcharan schweißte und doppelte die Brüche ordentlich. Zum Mittag war alles erledigt. Zwischendurch wurde ich von Gurcharan zum Frühstück in seiner Wohnung über die Straße eingeladen. Ich dachte, sie wollen mich, während sie arbeiten von der Maschine weghaben. Die Gaffer durften bleiben (Spaß). Bezahlen? Abgelehnt. Dafür folge eine Einladung zum Dinner.
Gurcharan
Gurcharan ist Singh (das sind die mit dem Turban). Er stammt aus der Provinz Punjab, die ich berührt habe, als ich aus Pakistan im Westen über die Grenze kam. Hier bin ich in der östlichsten Ecke von Indien. Er hat das Haus von seinem Großvater geerbt. Ein großes Haus mit Nebengebäuden und vermieteten Wohnungen und kleinen Läden an der Straßenfront. Von seiner Wohnung aus geht´s in die Werkstatt mit Drehbank, Pressen Messwerkzeugen. Hier arbeitet er Zylinder/Kolben und Kurbelwellen für Motorräder auf. Es geht ihm damit gut – nicht nur finanziell. Vor sieben Monaten hat er durch „arrangierte Heirat“ eine reizende Frau aus einem Dorf in Punjab „verpasst“ bekommen, die sein Vater ausgewählt hat. In dem Fall war es dann auch Liebe auf den ersten Blick, wenn man erlebt, wie sie beide miteinander umgehen.
Das Dinner sah dann so aus: Ich in der Wohnstube (Bilder der Wohnung folgen gleich) vor dem Fernseher mit Bollywood-Musik und die beiden in der Küche. So gut, fein und zurückhaltend gewürzt habe ich selten in Indien gegessen. Chapati (Fladenbrot) in der Pfanne gebacken und viele verschiede Gemüse in kleinen Schälchen wurden nacheinander aufgetragen. Nein, sie würden nicht essen mit mir essen. Erstens bin ich der Gast und zweitens essen sie erst kurz vor Mitternacht (normale Essenszeit für viele Inder). Ein Freund, der zwischendurch auftauchte, holte später sein Elektro-TuKTuK und brachte mich den Kilometer durch die dunkle Stadt zum Hotel.
Hier mal ein Einblick in die Wohnung eines gut situierten Durchschnittsbürgers. Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer, Bad.
Wenn die Blechjalousien vor den Geschäften nachts runtergelassen und verschlossen sind, erkennt man im Dunkeln seine eigene Straße nicht wieder. Für ängstliche Leute sind die toten Straßen was zum Gruseln. Es war ein schöner Abend. Da konnte ich auch das Frühstück am nächsten Morgen vor meiner Weiterreise nicht ausschlagen. Es war wieder einmal eine sehr schöne und herzliche Begegnung mit tollen Menschen.
Insel Majuli (im Fluss Bramaputra), am 07.12.2017
Ein paar Fotos vom Straßenrand auf der Anreise zum „Fährhafen“ am Fluss BRAMAPUTRA zur Insel MAJULI
Die Verladung . . .
Das Foto der Passagiere auf dem Dach (analog wie bei Zug und Bus), habe ich gleich von Bord ein paarmal verschickt. Von Thomas bekam ich zurück, dass sie ganz schön Profit mit der Fuhre machen müssten, zumal der Schiffsbauch, aus dem man wohl im Ernstfall nicht rauskäme, vor allem von Frauen gefüllt war. Ich weiß nicht – bei 40 Cent für Motorrad und mich? Marianne meinte: „das sieht eher wie ein Flüchtlingsboot aus“.
und die Überfahrt
Die Überfahrt dauerte eine Stunde, weil der Bramaputra sehr breit ist und wir durch die Priele kurven mussten. Der wasserreichste Fluss Asiens entspringt am Kailash, dem Berg der Götter, in Tibet, landet hier im Osten in Indien, fließt weiter durch Bangladesch und ergießt sich zusammen mit Armen des Ganges durch das wahrscheinlich größte Flussdelta der Erde in den Golf von Bengalen. Mit dem Schiff war ich in meinem früheren Leben in Chittagong und einmal ankerten wir weit drinnen im Land auf einem Fluss und luden Ladung in Säcken von Schuten. Von der Quelle bis zur Mündung (3.000 km).
Er hat übrigens nichts mit dem Kamasutra zu, denn das erklärt, wie man richtig „Liebe macht“. Für die, die ich mit so vielen Orten verwirrt habe und die den Faden verloren haben, wo ich gerade so bin, habe ich einen kleinen Kreis in Karte aus dem Internet gemacht. Hier wird auch der Wendepunkt meiner Reise sein.
Gestern Abend bin ich angekommen auf der Insel MANULI. Die Erosion durch den Fluss frisst so stark an der Insel, dass sie nicht nur bald ihren Namen als größte Flussinsel der Welt verlieren wird, sondern den hier lebenden Menschen auch der Boden regelrecht unter den Füßen weggespült wird. Wenn es so weitergeht, heißt es, könnte sie in 30-50 Jahren vom Fluss geschluckt worden sein. Die Menschen, die am Fluss leben, müssen sich nach einer Flut, die jedes Jahr große Teile unter Wasser setzt, immer öfter weiter innen neue Hütten bauen.
Jedenfalls ist sie hier im südlichen Teil sehr schön. Feuchtgebiete, Tümpel, Flüsse, Wälder und Felder prägen das Bild. Wo es geht, wird Reis angebaut. Zurzeit wird er geerntet, indem die Halme auf halber Höhe mit Sicheln geköpft und die Rispen in Bündeln über die Schulter nach Hause geschleppt werden. Gedroschen wird zuhause und die Körner dann auf der Straße oder auf dem Hof auf dem feststampften Sand ausgebreitet und getrocknet. Ich war heute den ganzen Tag auf Deichen, Straßen und Wegen mit dem Motorrad unterwegs. Ich liebe diese sattgrünen (Fluss-)Landschaften.
Majuli ist nicht nur schön, sondern auch ein bedeutendes kulturelles Zentrum Indiens. Es gab mal 60 hinduistische Klöster hier, jetzt sind es noch 35. Einige davon, habe ich heute besucht. Hier wird dem Gott Wishnu, in weiblicher Gestalt als Gott der Schönheit, des Reichtums, der Liebe und der Freude gehuldigt. Die Klöster bestehen bereits seit dem 16. Jh. Am meisten hat mir das Kamalabari Satra gefallen. Hier leben die Mönche am ärmlichsten in fast leeren Räumen in Steinbaracken, die im Quadrat um den Tempel, eine große Halle, gebaut wurden. Die Klöster sind alle ähnlich angelegt aber einige sind anscheinend reicher und modernisiert.
In einem Kloster werden Masken für Dramen- und Tanzaufführungen hergestellt. Das Grundgerüst wird geflochten, Baumwollstoff mit Leim aufgeklebt, modelliert mit Kuhdung-Lehm-Gemisch, mit Lehm geglättet und am Ende bemalt. Die Tänzerin ist so schön, so ausdrucksstark, dass sie nicht bekleistert werden sollte.
Lakhimpur, der 08.12. 2017 (Verlassen der Insel Majuli)
Unglaublich (!), wie schnell die Zeit vergeht. Heute vor sieben Monaten habe ich unser schönes Zuhause verlassen. Ich weiß noch, mit was für einem Gefühl. Der Gedanke, dass ich dieses vielleicht nicht wiedersehen könnte, überkam mich – die Vorfreude auf das Abenteuer lag darunter. So viel Unbekanntes, so viele Möglichkeiten, dass etwas schiefgehen könnte, lagen vor mir.
Zwischendurch lasse ich mal den heutigen Tag in Bildern ablaufen. Abreise von der Insel. Kommentare sind nicht nötig.
Nun bin ich am Wendepunkt meiner Reise, im Nordosten von Indien. Alles, was ich mir hatte vorstellen können, ist übertroffen worden. Ich habe Regionen dieser Erdhalbkugel besucht, in die man so schnell nicht einfach mal kommt und ich habe so unglaublich viele – und das eigentlich täglich – so viele liebenswürdige, sanftmütige, hilfsbereite, wissbegierige Menschen getroffen, als wäre ich auf einem anderen Stern unterwegs.
eingeschoben:
Danke für das frische Beispiel gerade eben: Es kam der Manager ins Zimmer. Ein „Manager“ ist der arme Hund, der sich für einen Hungerlohn Tag und Nacht um die Belange der Vermietung kümmert und u.a. hinterm Tresen auf dem Fußboden schläft. Als er merkte, ich welcher Stimmung ich gerade beim Tippen bin, verdrückte er sich diskret gleich wieder mit der Bemerkung, dass er mich um 8:00 Uhr rufen wird, dass ich meinen Fisch filetieren und braten kann. Als ich sagte, ich lebe auf einer Insel mit Fisch ringsum und würde heute endlich mal einen „richtigen“ Fisch essen. Wir gingen zusammen zum Markt und ich suchte einen aus den Flussfischen aus. Einen Lungen- oder Labyrinthathmer, der mit ein bisschen Wasser unterm Bauch überlebte, bis er einen auf den Kopf bekam und vor Ort ausgenommen wurde. Vorher hat er einen Jungen mit meinen Schuhen zum Putzen geschickt, mir Zudecke und Handtuch (was nicht Standard ist) gegeben und angeboten, dass doch einer der jungen Burschen im Haus meine Socken, Schlüpper und T-Shirt waschen könne, als er mich bei meiner (fast) täglichen Abendbeschäftigung sah.
Es gab so viele Orte, an denen ich länger hätte bleiben wollen/müssen, mal eine Stunde oder ein paar Tage. Ich sehe dieses Bedauern als ein gutes Zeichen und als Bestätigung dafür an, dass es ein guter Traum war, den ich mir verwirklichte.
All die Strapazen, Beschwerden, Wehwehchen, Rahmenbrüche, Bremsen- und andere Probleme, verkeimte Betten, Mückenplagen, gewöhnungsbedürftige Sanitärzellen, Fußpilz u.v.a.m. – unwichtig. Eigentlich gehört so eine Bilanz erst ans Ende einer Reise. Da ich gerade am östlichsten Punkt (auf 94 Grad östlicher Länge) meiner Tour und gerade in der Stimmung bin, musste es mal raus.
Mit diesem Kutter landete ich dann auf der nördlichen Festlandseite. Heute Morgen hatte ich schon angesetzt, die Insel auf der ganzen Länge von West nach Ost zu durchqueren aber nach zehn Kilometern drehte ich um, weil die Straße zu schlecht war. Ich glaube, den interessantesten, wasserreichen Teil habe ich gesehen und es wird Zeit, die „Rückreise“ anzutreten.
Mawlynnnong am 11.12.2017
Ich dachte, ich hätte ein Abonnement auf bestes Wetter. Das stimmte nur bis gestern. Gestern, am dritten Tag meiner „Rückreise“ näherte ich mich den Bergen um die Ortschaft Shillong in der Provinz Meghalaya, da fing es zu regnen an.
Megalaya gehört zu den „Sieben Schwestern“, so werden die sieben Provinzen des Nordostens genannt. Bis vor kurzem brauchte man noch ein “Inner Permint“, also eine Genehmigung, um sie bereisen zu dürfen. Grund sind/waren Gebietsstreitigkeiten mit den Nachbarländern. Das gilt nun nur noch für Arunchal Pradesh, weil China auf Teile davon scharf ist. Ich war schon nahe dran, mir eine Genehmigung zu besorgen aber dafür ist das Jahr schon zu weit fortgeschritten. Da, wo es interessant ist, liegt schon Schnee. An einer Stelle sah ich auf Gipfeln, die über die vorgelagerten grünen Berge ragten, wohl zum letzten Mal Schnee. Mein Besuch in der Region war nur eine kurze Stippvisite Mit einem robusten Fahrzeug könnte man hier Wochen verbringen.
Shillong wurde mir angepriesen als MUSS und es lag auch auf meinem Weg zum östlichsten Grenzübergang von Indien nach Bangladesch. Shillong ist eine ziemlich große Stadt auf fast 2.000 Metern und wenig ansehnlich. Wenn die Stadt gepriesen wird, dann sicherlich wegen der schönen Landschaft und für die Inder aus den stickigen Großstädten des Flachlandes wegen der guten und kühlen Luft. Aber was macht man bei Regen dort? Es war ziemlich frisch und die Klamotten waren klamm. In einem schöneren Quartier, hätte ich dem Regen mit einem Schreib- und Wohlfühltag ein Schnäppchen geschlagen. So dachte ich, besser im Regen ein Stückchen vorankommen Richtung Grenze.
Lochbillard mit runden Scheiben, die geschnipst werden
Unterwegs. Mein Motorrad wird immer fachkundig als Exote bestaunt (und ich natürlich auch). Bilder für den Familien-Schrein in der Wohnstube.
3km- Brücke über den Brahmaputra und ein riesiger Stausee mit Ausflugsschiffen in den Bergen.
Unterwegs bekam ich schon mal vorzeitig mein Weihnachtsgeschenk. Als ich Kirchturmspitzen sah, bog ich ab und hörte aus unscheinbaren Schuppen hinter der Kirche Musik und Gesang aus vielen Kehlen. Die Musik kam aus der Schule, die zwei Klassenzimmer hatte. Die Klassen 1-4 studierten das Weihnachtsprogramm mit ihren Lehrerinnen ein. Amerikanische Weihnachtslieder und Gospelgesang aus wohl einhundert zarten Kehlchen und es ging heiß zur Sache. Es war sehr schön und war dann wohl schon mal mein Weihnachten. Toll, wie die drei Mädels und die beiden Burschen mit Keyboard und Gitarre die Kinder in Stimmung brachten, die sich durch meine Anwesenheit nicht ablenken ließen
Auch hier nahm ich eine Empfehlung an und bin jetzt in dem kleinen Dorf Mawlynnnong, 20 Kilometer abseits meiner Route. Wenn etwas angepriesen wird, ist es natürlich immer ein Ort, wo die Touristen alle hinmüssen. Mehrmals hörte ich, dass die Inder hierherfahren, weil es hier so sauber ist. Das stimmt, da haben sie was zum Staunen. Nicht nur sauber, sondern auch sehr schön rausgeputzt. Das Dorf liegt in einem Tal, im jetzt regentriefenden üppigen Urwald. Die vielen großen runden Findlinge mit den schüsselartigen Mulden sind interessant. Die Vertiefungen sind wohl im Flussbett durch darin herumrollende Steine entstanden, denke ich. Die Hütte meines Homestay´s ist sehr einfach aber drum herum ist es sehr schön. Der leichte Regen erzeugt die passende Stimmung. Es gibt nur leider keinen Telefonempfang und damit auch kein Internet, um INDIEN II abzuschließen.
Der Nebel und Nieselregen erzeugte eine schöne Stimmung am Tage und in der Nacht. Das einzige Geräusch: Das Tropfen von den Blättern
Mein Quartier
Morgen werde ich in Bangladesch sein, Inschallah (so Gott will), wieder bei meinen muslemischen Freunden. Dabei fällt mir ein, dass ich mir noch hätte eine Pulle Rum kaufen müssen. Ich bin natürlich gespannt auf das Land, auch wenn es keine schönen Fotos von grandiosen Landschaften mehr geben wird. An der Grenze hören die Berge auf und ich habe die Vorstellung, dass keine Erhebung höher, als 50 Meter überm Meer liegen wird. Aber auch hier gilt: Expect the Unexpect(ed) – Erwarte das Unerwartete.
Marianne hat inzwischen ein sechs-Monatsvisum für Indien und würde gerne schon einen Flug nach Kerala buchen. Wie soll ich aber wissen, wann ich dort bin? Auf dem kürzesten Wege sind es von hier knapp 4.000 Kilometer. Den Gedanken, die Maschine schon in Kalkutta auf die Seereise nach Hause zu schicken, habe ich verworfen – es sei denn, sie hat die Nase voll von meiner Behandlung und gibt auf. Die Fußbremse macht Probleme (manchmal trete ich ins Leere) und immer häufiger sagt sie keinen Mucks, wenn ich starten will. Die Radlager hinten haben Luft bekommen, die Kette auch schon ein bisschen und die Reifen? Na ja. Durchhalten, meine Gute.
Mal sehen, wie es mit dem Internet hinter der Grenze aussieht. Es ist immer nicht einfach, als Ausländer eine SIM-Karte zu organisieren.
Morgen werde ich in Bangladesch sein, Inschallah (so Gott will), wieder bei meinen muslemischen Freunden. Dabei fällt mir ein, dass ich mir noch hätte eine Pulle Rum kaufen müssen. Ich bin natürlich gespannt auf das Land, auch wenn es keine schönen Fotos von grandiosen Landschaften mehr geben wird. An der Grenze hören die Berge auf und ich habe die Vorstellung, dass keine Erhebung höher, als 50 Meter überm Meer liegen wird. Aber auch hier gilt: Expect the Unexpect(ed) – Erwarte das Unerwartete.
Marianne hat inzwischen ein sechs-Monatsvisum für Indien und würde gerne schon einen Flug nach Kerala buchen. Wie soll ich aber wissen, wann ich dort bin? Auf dem kürzesten Wege sind es von hier knapp 4.000 Kilometer. Den Gedanken, die Maschine schon in Kalkutta auf die Seereise nach Hause zu schicken, habe ich verworfen – es sei denn, sie hat die Nase voll von meiner Behandlung und gibt auf. Die Fußbremse macht Probleme (manchmal trete ich ins Leere) und immer häufiger sagt sie keinen Mucks, wenn ich starten will. Die Radlager hinten haben Luft bekommen, die Kette auch schon ein bisschen und die Reifen? Na ja. Durchhalten, meine Gute.
Mal sehen, wie es mit dem Internet hinter der Grenze aussieht. Es ist immer nicht einfach, als Ausländer eine SIM-Karte zu organisieren.
Dawki Boarder, der 12.12.2017
Leider habe ich den dritten Tag schon wieder kein Internet.
„Nix da“ mit heute nach Bangladesch. Ich habe mir Zeit gelassen, weil ich so schnell nicht aus dem vor Feuchtigkeit triefenden und sattgrünen Urwald raus wollte und weil irgendwie Wehmut aufkam, diesen wunderschönen Teil NO-Indiens zu verlassen. Das Gefühl von „Abschied für immer“ hatte ich öfter, wenn es mir an so vielen Orten, wegen der Landschaft oder wegen der Menschen, die ich kennengelernt hatte, so gut gefallen hat. Jetzt hat man mich im einzigen Hotel unmittelbar vor der Grenze aufgenommen, obwohl morgen erst eröffnet wird. Heute belegen Familie und Freunde das Haus zur Einweihung. „Ob ich denn eine Genehmigung für mein Motorrad für Bangladesch hätte?“, wurde ich gefragt. Man wird Dich ohne diese wohl nicht reinlassen, bekam ich zu hören. Aus, der Traum von Bangladesch…?
Ich konnte mich nicht so einfach lösen vom saftigen Urwald. Also:
Wanderung zur Life-Roots-Bridge.
Sie existiert schon 260 Jahre und besteht nur aus den lebenden Wurzeln eines einzigen Baumes dieser verrückten Gummibaum-Art.
Diesen Aussichtspunkt hat jemand von einer Felsnase in einen Baumwipfel gebaut, der direkt am Abgrund wohnt und verdient sich 10 Pfennig von den Besuchern…
Hier werden Steine zerklopft und von den Frauen zur Baustelle getragen. Für den Bau eines gemauerten Abflusskanals zahlt eine Mahadma-Ghandi-Stiftung 2 Euro am Tag, die Kommune packt noch zwei drauf. Die Männer, bekommen sechs. Auch für den Straßenbau in abgelegenen Gegenden wird der Schotter oft so aus Felsbrocken gewonnen.
Der Schönste der Wasserfälle, die ich gesehen habe und die ersten Blickkontakte rüber nach Bangladesch am Fuße der indischen Berge.
„Kleiner Grenzverkehr“ für Badende und Bootsausflügler. Mein Hotel liegt auf der indischen, der steinige Strand gehört Bangladesch
Schöner Sonnenuntergang. Ein gutes oder ein schlechtes Omen für meinen Grenzdurchbruch morgen?
Mit dem Internet ist es wieder mal traurig. Meine beiden indischen SIM-Karten funktionieren hier nicht und das Handy vom Sohn des Besitzers (pensionierter Arzt im Staatsdienst) hatte nur noch für ein paar Minuten Guthaben. Ich bin gespannt auf Morgen.
E n d e I N D I EN 2