Novi Pazar, der 14.06.2022

 

Eine Entscheidung nach der Grenze wurde mir abgenommen. Eine der beiden möglichen Straßen durch die Berge war gesperrt. So bin ich also hier gelandet. Geld tauschen und SIM-Karte besorgen, Wäsche waschen gleich beim Duschen, „fein“ machen, Spazieren gehen, türkischen Tee und Kaffee genießen und Leute beobachten. Das Abendbrot fiel heute aus – kein Platz mehr wegen 1kg Kirschen im Bauch.

 

Eine sehr schöne kleine Innenstadt noch mit viel marodem Charme hat mich hier überrascht. Überrascht hat mich auch, dass es nach der Grenze, also im russisch orthodoxen Serbien noch so viele Moscheen gab und die Stadt hier scheint komplett islamisch bevölkert zu sein. Kein Bier auf den Tischen in den Cafés.

 

 

So ein Hotel, in dem ich hier eingecheckt bin, habe ich überhaupt noch nicht gesehen. Natürlich gibt es viel Exklusivere auf der Welt aber ein Schöneres kann es nicht geben! Die Lobby, rund, 20 Meter hoch mit lichtdurchfluteter Kuppel, die jetzt in der Nacht mit goldfarbenem Licht angestrahlt ist, und irre aussieht. Wunderschöne Holzarbeiten mit Grünpflanzen behängt. Die Zimmer gehen in zwei Etagen von den umlaufenden Balkons ab. Und alles mit sehr edlen Materialien ausgeführt. 

 

 

Das Hotel wurde übrigens in den 70er Jahren, schon zu Tito´s Zeiten gebaut. Vor zwei Jahren wurde es aber renoviert mit dem Anspruch, es genau in dem gleichen Stil (sicher mit besseren Materialien) neu entstehen zu lassen.

 

Unglaublich schön! Mein Zimmer ist sehr klein und da ich keinen Tisch drin habe, habe ich es sehr genossen, hier unter der Kuppel zu sitzen und zu scheiben. Preis? 30 Euro für mein Zimmer. Mit Frühstück morgen natürlich inclusive.

 


 

Ivanica, am 15.06.2022

 

 

Heute ging es wieder weiter nordwärts und hinein in die Berge. Es gibt Leute, die sagen: „Na, da kannste auch bei uns durch die Berge fahren und so schön grün sind sie hier auch im Frühling“. Klar, stimmt und trotzdem ist es hier anders schön. Ich habe öfters angehalten, mich ins Gras gesetzt und in die Landschaft und über die Berge hinweg geschaut und mich gefreut, hier zu sein. Zwei Adler kreisten und schossen durch den Himmel. Was die wohl in solcher Höhe machen, wo sie doch auf kleine Mäuse aus sind? Die gute Straße führte in einer Höhe von 1600-1700 Meter Höhe lange auf dem Kamm entlang bis zu einer Abzweigung, an der ich mich für IVANICA entschied. Nach 5 Kilometer hörte die Straßenbefestigung auf.

 

 

Gleichzeitig streikte die Kupplung. Der Kupplungshebel hatte plötzlich zu viel Spiel. Alles klar, das Seil ist am Reißen irgendwo. Damit wollte ich nicht für die 40 Kilometer durch den Wald bis zum nächsten Ort auf unbefestigter Straße fahren und fuhr zur Abzweigung wieder bergan. Das Problem war schnell gefunden. Auf dem Foto sieht die Sache noch ganz gut aus aber alle Drähte bis auf zwei waren gebrochen. Ja, einen kleinen Nippel zum Schrauben, dem ich allerdings nicht viel zutraue, hatte ich tatsächlich eingepackt. Da schicke mir mein Schutzengel, der mich anscheinend auf Reisen immer begleitet, auch noch ein Auto auf der sonst völlig leeren Straße vorbei und ich erfuhr, dass die meiste Strecke aus Asphalt und die andere Straße Schrott sei. 

 

 

Extrem Kupplung schonend, nicht zur Freude des Motors, hielten die beiden Drähte bis zu einem freundlichen Meister. Mein Nippel war die einzige Lösung, bedurfte aber einiger Tricks, weil das Seil nun etwas zu kurz war. Mal sehen, wie lange er hält.

 

Es kamen einige Männer hinzu, auch Motorradfahrer, die mir am Ende ein T-Shirt und einen Aufnäher ihres Motorradclubs schenkten und ein Quartier organisierten. Nun bin ich bei sehr freundlichen Leuten untergekommen, wurde mit Käse, Speck Schinken, Rakia und mit einer Maschinenwäsche willkommen geheißen. Mein Rotwein, der einfach nicht alle wird, schmeckte auch ihnen. Und meine Wäsche habe ich auch schon wieder „schranktrocken“ zurück.

 


 

Konoba Kum, am 17.06.2022

 

 

Konoba Kum ist mal kein Ort, sondern eine Konoba (Gaststätte) mit Namen KUM, und die liegt mitten im Wald an einer Straße, die Richtung SARAJEVO führt. Hier, wiedermal in den Bergen, habe ich am Ende des Tages von einem zum anderen Ort ewig kein Quartier gefunden. Das Bier in einer schönen Gaststätte belegt, dass ich dann gegen 20.00 Uhr doch noch eines gefunden habe. Es wurde kalt in meinen dünnen Sachen.

Gestern Abend wurde nichts mehr mit Schreiben. Die Zahnprobleme sind auskuriert und nun habe ich seit drei Tagen üble Schmerzen im Ohr. Gehörgang entzündet und zugeschwollen. In einer Apotheke bekam ich Wasserstoff-Peroxid und Tropfen. Damit wird es bestimmt wieder.

 

 

 

Mit den Tipps meiner Motorradkumpel hatte ich nicht viel Glück. Ich war zu blöd, an die Ziele zu gelangen, die sie mir empfohlen hatten und bin weite Wege gefahren. Zehn Stunden im Sattel, mit vielen kleinen Pausen natürlich. Das war gestern.

 

Heute ging es ähnlich weiter. Wunderschön durch dichten Wald auf einer schmalen Straße, auf der noch viel unter den Reifen wegrollender, und rutschiges Split vom Winterstreuen lag, kam ich an einen empfohlenen, entlegenen Stausee, der bestimmt ein schönes Ziel gewesen wäre, wäre er nicht leer. Auf dem Bild einer der zahlreichen Seitenarme. Wieder zurück und zur nahe gelegenen Grenze nach Bosnien-Herzegovina.

 


 

Was hätte ich versäumt, hätte ich diesen westlichen Teil Serbiens ausgelassen! Berge, dichte grüne Wälder, Nationalparks und Naturschutzgebiete, karge Wiesen auf den Hochebenen und saftige bunte weiter unten zwischen den Wäldern, Wintersportgebiete im Sommerschlaf … und viele Begegnungen mit freundlichen Menschen.