Ka s a c h s t a n  II

 

 

 

Türkistan (in Kasachstan) am 04. September 2019 

 

„Türkistan in Kasachstan“ klingt irgendwie putzig, gibt es aber wirklich. Die Stadt liegt an der alten und Neuen (chinesischen) Seidenstraße, hat 150.000 Einwohner und ist berühmt wegen des Mausoleums Khoja Ahmed Yasavi.  Hodja Ahmed Yasavi, Dichter und Lehrer, der den kasachischen Nomaden den Islam nahebrachte, hat hier seine heilige Ruhestätte, zu der pro Jahr etwa eine Million Menschen aus ganz Zentralasien pilgern. Begonnen wurde der imposante, riesige Bau Ende des vierzehnten Jahrhunderts.

 

Das süße Mädel, von dem ich natürlich wieder den Namen vergessen habe, bot mir ihre Hilfe an und spazierte mit mir durch das Gelände, auf dem sich mehrere Mausoleen befinden und obwohl wir uns kaum verständigen konnten, war es ein lustiges Beisammensein. Sie sprach kasachisch – ich wusste nicht, dass die Sprache so weit vom Russisch entfernt ist, obwohl in der Schreibschrift einige kyrillische Buchstaben vorkommen. Ansonsten sprach sie eine Handvoll Worte Englisch und noch weniger Russisch. Also, trotz fast-Null-Verständigung verstanden wir uns prächtig, aßen zusammen in einem Restaurant etwas, was nicht schmeckte und am Ende handelte sie meinen Hotelpreis aus.

 

 

Besonders weit bin ich noch nicht gekommen. Irgendwie breche ich morgens immer zu spät auf und trödele unterwegs rum. An der Straße liegt´s jedenfalls nicht. Die Neue (chinesische) Seidenstraße ist schon länger als ich dachte, Autobahn aus Beton vom Feinsten. Noch lange ging es entlang an der tadschikischen Grenze und den nordwestlichen Ausläufern des Tien-Shan-Gebirges durch hügliges Gelände bis es flacher wurde. Die trockene weite Steppe blieb aber aus bisher. Stattdessen zwischen trockenem Grasland immer wieder riesige Flächen, die landwirtschaftlich genutzt und trotz des Herbstes teilweise noch prächtig grün sind. Auch hier wird es bald grimmig kalt werden. Minus vierzig Grad dann im Winter.

 

 

Womit ich hier am wenigsten gerechnet hätte, war frischer gebratener Fisch an einer Zeile von Garküchen an der Autobahn. Fluss-Fisch, soviel habe ich rausbekommen, saftig, fett, mit tollem Geschmack. Karpfen jedenfalls nicht, vielleicht Schlei?

 

Jedenfalls ist mir der „Horror“, den ich noch von der Herfahrt im Gemüt hatte, genommen. Nun, wo ich nochmal die Karte studiert habe, sehe ich, dass es noch eine ganze Weile weitergehen wird durch relativ wasserreiches, fruchtbares Gebiet, das nicht so menschenleer ist, wie ich es erlebt hatte. Mit Ohropax in den Ohren, das ich ansonsten selten benutze, rollt es sich bei Tempo hundert gemütlich auf der guten Straße dahin. Ab morgen muss ich mehr Kilometer machen. Also schnell ins Bett

 

 

 

Baikonur, am 05. September 2019 

 

Mann, wo ich überall hinkomme. Heute zum Beispiel nach Baikonur!. Die mehr als 500 km heute haben mich überhaupt nicht an meine ersten Kasachstan-Eindrücke erinnert. Erst auf der neuen Autobahn und dann  200 km ging´s zweispurig weiter aber auch auf erstklassiger Fahrbahn.

 

 

Das fliegt in dieser Gegend so an einem vorbei: Die Friedhöfe, mit pompösen „Mausoleen“ liegen immer außerhalb der Ortschaften. Ein typisches Dorf und feilgebotene Früchte am Straßenrand. Die haben mich auf der ganzen Reise begleitet. Es fing an mit Kirschen, Tomaten, Aprikosen, Erdbeeren und Pfirsichen und mit fortschreitendem Sommer folgten Melonen aller Art, Himbeeren, Weintrauben, Äpfel, Birnen und Kartoffeln. Leider sind die Melonen, die ich so gerne esse, zu groß zum transportieren und zum Aufessen an einem Abend.

 

 

Am Schild “Aqtöbe 1000 km“ bin ich leider vorbeigesaust, da habe dann ich das nächste abgelichtet. Was ich auf jeden Fall nicht erwartet hatte, war so viel Wasser, dass die Landschaft links und rechts meistens grün war. Zweimal überquerte ich so breite, behäbig fließende Flüsse und künstlich angelegte Bewässerungskanäle und auch sowas gab´s: schilfumrandete Tümpel.

 

Und hinter diesem Horizont und ein „paar weiteren…“ kam Baikonur, der berühmte Ort, an dem der erste Sputnik und Juri Gagarin den Amis voraus in den Weltraum flogen und heute noch die Sojus-Raketen zur ISS fliegen. Auch da bin jetzt schlauer: Die Stadt Baikonur (17.000 EW) ist russisches Territorium, stacheldrahtbewehrt eingezäunt und nur mit einem entsprechenden Ausweis zu betreten. Am Haupttor machte man mir klar, dass ich nicht reinkäme. Das „Kosmodrom“, der Raumbahnhof ist ein extra-Gelände in der Nähe. Wenigstens das Tor werde ich morgen noch finden.

 

Da ich aber so leicht nicht verzage, konnte ich einem Autofahrer überzeugen, mich dann später im Dunkeln wenigstens rein zu schleusen in die Stadt. Der Reiz war doch zu groß. Am ersten Nebentor wollte der Posten nicht anbeißen aber an einem anderen, am hinteren Ende der Stadt besserten wir den Sold des Polizisten etwas auf und fuhren durch die Sperre. Mein Eindruck: Eine Schlafstadt sozialistischer Bauart, schwach beleuchtet mit vielen Bäumen und kaum einem Menschen um diese Zeit auf den Straßen.

 

 

Drei Attraktionen zeigte mir Beka. Den Hauptplatz mit Lenin der, wie meistens mit dem ausgestreckten Arm in die kommunistische Zukunft weist (für mich ist diese Vision noch nicht vom Tisch), einen Bomber aus dem zweiten Weltkrieg und als Höhepunkt eine Sojus-Rakete, beides in einem dunklen Park.

 

 

 

Aqtöbe, an der russischen Grenze, der 08.09.2019

 

Die Straße Richtung Kosmodrom BAIKONUR, das Tor, an dem ich natürlich am nächsten Morgen scheiterte und umdrehen musste und eine Radar- oder Kommunikationsanlage auf einem Hügel. Der nächste Start soll im Dezember stattfinden. So lange werde ich nicht warten. Wenn man das Dabeisein in Deutschland bucht, muss man 10-15.000 Euro hinblättern.

 

 

Nach Baikonur wurde es trocken da fühlen sich wohl nur noch Kamele wohl und wenn´s denn sein muss, zur Not noch Schafe und Ziegen.

 


Der Blick voraus

 

und zurück

 

eine der wenigen Ortschaften

 

Schon vor Baikonur, etwa bei km 1.000, wurde die Autobahn zu einer einspurigen Straße, immer noch perfekt. Da erst bemerkte ich, dass die Trasse doch ziemlich befahren war, vor allem durch Fernlaster. Die meisten mit bunten deutschen oder europäischen Bemalungen aber mit kasachischen, usbekischen oder tadschikischen Kennzeichen. Über diese Straße sind die ehemaligen zentralasiatischen Sowjetrepubliken mit dem „Mutterland“ Russland verbunden. Obwohl das Land so riesig ist (Ost-West etwa vier- und Nord Süd zweitausend Kilometer), gibt es von Süd nach Nord nur drei wirkliche Straßen. Diese hier jedenfalls ist sehr gut mit allem notwendigen ausgestattet. Benzin alle 150-200 Kilometer, so dass mein 5-Liter-Kanister nicht zum Einsatz kam. Parkplätze mit Reparatur-Rampen und Raststätten mit großen Stellflächen, wo vor allem die Trucker ihre Brummis abstellen und pennen können.

 

 

Das sind die usbekischen und tadschikischen Heimkehrer, die nach vielen Monaten oder Jahren Arbeit in Russland schwerbeladen nach Hause fahren. Auch viele Autos kamen mir entgegen, die mit kurzer Dreieckszugstange ein zweites (unbesetztes) Auto hinter ich herzogen.

 

An ein paar solchen Schauern bin ich vorbeigerauscht und habe nur ein paar große Tropfen abbekommen. Es war eigenartig – obwohl man unter den Wolken, die gar nicht so aussahen, dass sie so viel Wasser trügen, durchgucken konnte, regnete es heftig darunter-

 

Auch die Eisenbahn fährt durch die Steppe. Kasachstan hat  ein gutes Eisenbahnnetz und da geht es auch mal 2.000 km durch die  Steppe. Was mir auch auffiel, waren die vielen Hochspannungsleitungen, nicht nur längs der Straßen und Eisenbahnlinien – viele kamen aus dem Nirwana, querten die einzige Straße weit und breit, auf der ich unterwegs war, und verschwand wieder in der Weite der Steppe. Wie schwierig es sein muss, ein solch großes Land zu managen.

 

 

 

Nun habe ich die 2.000 Kilometer Steppe hinter mir. In einem tollen Auto ist das ein Klacks – mit meiner -BETA fühlt sich so eine Strecke anders an. Eigentlich fuhr ich Tempo 90 bis 110 aber unter´m Strich kommt selbst hier auf einer guten Straße nur „70“ bei raus. Ich halte an, weil ich ein Foto mache, trinken will oder pinkeln muss oder einfach mal den weiten Horizont genießen will, der mir immer was Wichtiges war und ist. Da überhole ich dann schon mal, durchgeschüttelt durch die abrupt wechselnden Windverhältnisse den gleichen LKW vielleicht zum zehnten Mal, so dass wir uns mit Winken und Hupe eine gute Fahrt wünschen, als wären wir gute Freunde. Irgendwann stotterte mal der Motor und ging schließlich aus. „Scheiße!“ ist dann der erste Gedanke. „Sieht nach Benzin-Problem aus“. War´s dann auch. Wasser im Vergaser. Dafür gibt´s ´ne Ablass-Schraube am Schwimmergehäuse, wo dann tatsächlich als Erstes was Undefinierbares rauskam, und schon lief er wieder.

 

Was mir aber jetzt Sorgen für meine Heimreise macht, ist etwas anderes: Unterwegs kamen ungute schlagende, klappernde Geräusche von unten hoch, die irgendwie mit Kette zu tun haben, wenn sie ziehen soll. Heute, wo ich einen Tag für Ölwechsel und eben solche Dinge eingeplant hatte, fand ich heraus, dass die Verzahnung meiner Abtriebswelle und/oder des Kettenritzels mächtig Luft haben und die Kette schlägt. Da kommt wieder das gleiche Wort „Schei…“ hoch, weil es dafür unterwegs keine einfache Lösung gibt. Nun habe ich eine dünne, große Scheibe eingesetzt, die ich mal auf einem Auto-Teile-Markt für meine Vorderachse geramscht habe. Mal sehen, ob´s hilft. Warum habe ich eigentlich das Gefühl, dass, wenn ich einmal auf russischem Boden bin, mit solchen Problemen gut aufgehoben bin?

 

Ich wollte hier in Aqtöbe eigentlich einen fälligen Ölwechsel machen, fand aber kein Öl, dass meiner BETA angemessen wäre. Außerdem ist Sonntag heute. Die Stadt Aqtöbe? Na ja ….