Naran, der 16.08.2017
„EXPECT THE UNINSPECT“
Ein Schild mit diesen drei simplen Worten klickte ich in einer Kurve mit den Augen für den Bruchteil einer Sekunde an und sie brannten sich in mein Gedächtnis ein. Seitdem geistern sie mir im Kopf herum und ich finde die Aussage genial. Sie bedeutet:
ERWARTE DAS UNERWARTETE.
Bis es dann etwa eine halbe Stunde später wirklich zutraf, hatte ich die Aussage nur auf die Straße bezogen, sozusagen: „denk daran, dass es hinter der nächsten Kurve eine (böse) Überraschung geben könnte“. Eine halbe Stunde später, in einer engen Linkskurve bergab war plötzlich eine lange Spur schwimmenden Öls auf der Fahrbahn, der ich nicht mehr ausweichen konnte. Die Maschine schmierte in der Schräglage vorne und hinten unter mir weg, mein linkes stützendes Bein half ihr wohl für den Moment, sich nicht flach zu legen und dann griffen die Reifen wieder halbwegs und sie sich auf und ich bekam sie[ zum Stehen, mit dem Vorderrad am Felsen der Innenkurve. Glück gehabt.
Inzwischen – auf dem Motorrad hat man ja eine Menge Zeit zum Nachdenken – habe ich „rausbekommen“, dass die Bedeutung ja viel umfassender und natürlich nicht nur negativ besetzt ist. „Sei gespannt auf das, was kommt“, könnte man auch sagen. Das trifft natürlich nur für Leute zu, die überhaupt irgendwas erwarten. Und da ich noch eine Menge erwarte, besonders in den kommenden Monaten, werde ich mir den Spruch als Leitspruch für mein Abenteuer ausleihen.
Das Abenteuer hat ja nun mit Pakistan II eine Fortsetzung, die gestern auf dem Kaschmir Highway begann. Ich fuhr einfach munter drauflos, denn ich kannte die Strecke ja schon. Auf der ersten Hälfte bis hinter MURREE, einem beliebten kühlen Ausflugsort für die Hauptstädter ging es, sehr zäh voran, auf der zweiten bis Abbottabad kam ich in einen guten Rhythmus bei wenig Verkehr bis auf den Ausrutscher. In Abbotabad meldete ich mich bei der Polizei, dass ich nach Naran unterwegs sei, wobei ich noch ein paar Polizei-Telefonnummern mit auf den Weg bekam. Mehrere Leute rieten mir dazu, mich unterwegs möglichst oft bei der Polizei zu melden, auch um nach der Passierbarkeit der Straßen zu fragen.
Auf dem staubigen und stark befahrenen Karakorum Highway kam ich nach 30 km nach MNSEHRA, wo ich mir was zu essen und eine Bleibe suchte. Am nächsten Morgen wühlte ich mich aus der Stadt und bog in vom Highway ab in das etwa 130 km lange Naran-Tal. Ich denke, von nun an beginnt der landschaftlich schönste Teil meiner Pakistan-Tour.
Und es wurde richtig schön. Nach einiger Zeit wand sich die Straße empor, ein paar Hundert Meter über dem Fluss, an den Bergen entlang. Ein Traum! Die Straße war sehr gut und bot Ausblicke, die mir das Herz hüpfen ließen.
In einem Prospekt las ich von einem Punkt, acht Kilometer oberhalb meiner Route, von dessen Plateau man einen wunderbaren Ausblick auf das Tal haben sollte. Ich bog ab, quälte mich die fürchterliche Straße hinauf, um dort im Wald auf ein paar schöne Hotels zu stoßen. Nix mit schöner Aussicht aber ein komfortables Sitz-Klo, das ich dringlichst nötig hatte. Die schöne Aussicht sei noch weitere 8km aufwärts. Mit Motorrad? Da wiegte man den Kopf und ich quälte mich wieder runter.
Die zweite Hälfte der Strecke der etwa 80 km ging dann unten am Fluss entlang. Da ich vorher schon von den schmackhaften Forellen gehört hatte, kehrte ich am Fluss in einer offenen „Gaststätte“ ein und vergnügte mich mit einer Forelle, scharf gewürzt gebraten und einer lustigen Familie aus Karatschi auf Urlaub. Die Forelle war so teuer, wie der Dorsch bei Müller in Grieben, und hat sehr gut geschmeckt. Es ging vom Fluss steil hoch auf die Straße. An der Straßenkante musste ich stoppen, trat in ein Loch und fiel um. Diesmal auf die rechte Seite. Leute halfen mir, die Maschine wieder hinzustellen. Die Kiste kriegte Beulen, ich nicht. Ich weiß nicht, wo die Zeit bleibt bei so ein paar Kilometern, denn als ich nach NARAN durch eine wilde Zeltvorstadt hineinrollte, wurde es schon wieder dunkel.
Alles aufgefuttert und die Fam. zwängt sich wieder zu Fünfzehnt zu ihrem Gepäck in den Bus
Naran, am nächsten Tag
Naran ist ein Ausflugs- und Urlaubsziel auf 2.400 m für die von der Hitze gebeutelten Pakistaner. Sie strömen in den Monaten April bis August in Massen hierher und füllen die bestimmt mehr als 200 Hotels, aus denen der in die Berge eingekeilte Gebirgsort eigentlich nur zu bestehen scheint. Ein wüstes Nest. Im Winter liegen hier ein paar Meter Schnee. Da die Straße einen Bypass zum Karakorum Highway bildet, wird sie im Winter freigehalten. (ein paar Bilder werden noch nachgereicht).
DIE Attraktion ist der kleine See Saik Ul Muluk auf 3.200 Meter mit einem traumhaften Blick auf den 5.300 m hohen Malika Parbat. Die Leute werden mit Hunderten von „echten“ Jeeps hinaufgebracht. Da sich Opa Friedrich, wo er doch eine Enduro dabeihat, nicht raufkutschieren lassen kann, frage ich im Hotel, ob ich da mit dem Motorrad rauf käme? Ja, meinte man. Ja, das ginge. Das untere Ende war betoniert mit Geröll-Abschnitten. Dann gab es nur noch Geröll und es ging immer steiler bergauf, bis mir die Luft ausging und mir vor allem die Maschine leidtat, die über die kindskopfgroßen Steine, wie ein Zickenbock sprang bis ich aufgab, was ich schon hätte längst vorher machen müssen. Ein Wunder, dass ich sie nicht ein paarmal hingelegt habe. Auf einem Vorsprung standen eine Bude und ein Zelt und ich parkte sie davor.
Ein Jeep nahm mich mit, denn rauf musste ich natürlich. Da nur ein Pärchen hinten drin saß, hatte ich den Logenplatz neben dem Fahrer. Keine Hundert Meter weiter gingen die Serpentinen los und es ging über Felsen und Geröll und durch Wasser von nun erst richtig steil bergauf. Nicht mal ohne meine Gepäck-Kisten hätte ich eine Chance gehabt, irgendwie da hoch zu kommen. Unglaublich, wie die kleinen Jeeps klettern können.
Am See war natürlich viel los.
Zu dem herrlichen Blick über den See auf den Malika Parbat lasse ich die Bilder sprechen. Nach drei Stunden waren wir beide, meine treue kleine Beta und ich wieder im Dorf. Nach solchen Leistungen streichele ich Ihr immer den Hals, wie Reiter es mit ihrem Pferd machen und verspreche ihr, ihr sowas nicht wieder anzutun. Das sollte ich auch nicht, denn wir haben ja noch viel vor.
Wir sagen Tschüss für heute
Ach so, ich wollte meine schönen rehbraunen Motorrad-, und bis jetzt auch Ausgehschuhe, putzen lassen. Andere, außer Latschen habe ich nicht mit. Dieser dicke Idiot ! hat sie mir in rotbraun umgefärbt und die textilen Applikationen schön übergeschmiert.
Chilas, am 18.08.2017
Von Naran aus ging es immer bergauf dem Kunhar River entgegen, der das 160 km lange Tal durchfließt und dann, wie alle Flüsse, im Indus River mündet. Es war wieder mal ein wunderschöner Tag hinauf
Hinauf zum BABUSAR TOP, dem Pass auf 4.175 Meter, auf dem mir bei leichten Anstrengungen schon die Luft knapp wurde und auf dem es frisch wehte.
Heute haben mich auf dem Pass die „Selfi-Masochisten“, und das sind (fast) alle Pakistaner, doch langsam genervt. „Hallo, how are you?, Handschütteln, „can I make a selfie“ Manchmal kommt dann noch: “Where are you from”? Das war´s. Dann kommen natürlich die Freunde auch noch und wollen eines. Besonders schick ist es, wenn das Handy verkantet wird und die Eierköpfe darauf runter zu rutschen drohen. Wenn vorher ein schönes Gespräch stattgefunden hat, ist das ja in Ordnung. Ich habe Handys gesehen, da gab es auch nicht einziges Bild ohne den selbstverliebten Fotografen im Vordergrund. Ich denke, das hat aber auch damit zu tun, dass die Leute vorher noch nie Gelegenheit hatten, Fotos zu machen, nun aber plötzlich jeder so eine Flunder in der Tasche hat.
Und dann ging´s abwärts, bis die Straße hier wieder auf den berühmten Karakorum Highway trifft, wo ich nun in CHILAS Quartier gemacht habe. Das war ein schöner Abstieg von 4.175 auf 1065 m – 3000 Meter Höhenunterschied.
Eine Region, wo die Straße durch eine Schlucht führt und der Berg furchterregend darüber aufragt, hatte es kürzlich in der Regenzeit sehr getroffen. Auf einer Länge von 2 km wurde die Straße unzählige Male verschüttet und war zum Glück inzwischen notdürftig freigeräumt. An einigen Stellen kam ich wieder mal mächtig ins Schwitzen. Vor allem dann, wenn das Geröll mit Modder vermischt war und dann, wenn man mich in eine Spur schicken wollte, wo ich nie durchgekommen wäre mit meiner BETA-Fuhre. Unter diesen Bedingungen merke ich immer wieder, dass die Federung keinerlei Enduro-Eigenschaften hat, besonders die Gabel ist Müll. Das Gepäck am Heck, zumal noch mit gefüllten Benzin- und Wasserkanistern, tun ein Übriges. Aber was soll´s.
Überhaupt, wie kommen runde Findlinge mit Erde vermischt so hoch in die Berge? Sie können doch nur aus einem früheren Flussbett stammen. Ansonsten zerbröselt der Fels scharkantig in Quader oder Scheiben. Jedenfalls wurde mir an einigen Stellen angst und bange, wo an den frischen Abbrüchen noch so viel loses Material in der Wand hing,
Checkpoints der Polizei mit eingeengter Fahrbahn gibt es unzählige, bei denen ich bisher nur aus Neugierde angehalten wurde.
An der Einmündung auf den Karakorum Highway wurde ich, wie alle Fahrzeuge, angehalten und die Papiere kontrolliert. Touristen kriegen aber eine „Extrabehandlung“ hier für die Bergregion. Ich saß eine Stunde in einer kleinen Bude mit einem an meiner Tour interessierten Polizisten. Zum Glück wusste er nicht, dass ich eine Kamera dabeihabe. So guckte er sich nur alle Fotos auf meinem Handy an und wollte alles über meine Familie wissen. Er ist speziell für Ausländer zuständig. Ich wurde in ein dickes Buch eingetragen und bekam eine ausgefüllte Karte, die nun für die gesamte Region meinen Pass ersetzen soll. Bei jedem Kontrollpunkt soll ich mich von nun an registrieren lassen. Ja, man ist sehr besorgt darum, dass Touristen nichts passiert.
Der nette junge Polizist, sucht eine deutsche Frau zu Heiraten und Auswandern. Ich löse hiermit mein Versprechen ein und frage mal in die Runde …
Mein Hotelzimmer würde sogar ich als schäbig bezeichnen. Man wollte (umgerechnet) 40$ haben. Unter 30$ war er nicht zu kriegen und ich willigte zähneknirschend ein. Später auf der Straße sprachen mich zwei Männer an und stellten sich als Polizisten vor. Irgendwann nannte ich meinen Zimmerpreis und meinen kleinen Ärger darüber. Ein dritter in einem Auto nahm das Walki Talki und man sagte mir, heute um 21:00 Uhr käme ein Polizist in mein Hotel und würde das klären. Er kam, wollte meine Bilder sehen, die ich gerade am Rechner sortierte und fragte am Ende, was ich bezahlt hätte, wiegte den Kopf und verabschiedete sich. Nun bin ich gespannt.
Die Polizei und auch das überall präsente Militär sind sehr freundlich und anscheinend eine verlässliche Größe. Abbas gab mir mit auf den Weg, mich bei irgendwelchen Schwierigkeiten immer an Polizisten zu wenden und nie einer eventuellen Forderung nach einem Bakschisch nachzukommen. Das ist nicht in allen Ländern so. Die gewaltigen Anstrengungen, das Land von Terroristen zu säubern und staatliche Ordnung herzustellen, bindet unheimliche Ressourcen, die überall woanders fehlen. Auf der anderen Seite höre ich von allen Leuten, dass die Regierenden durchweg korrupt seien, sich die Taschen füllen und ihnen das Land und das Volk egal seien. Der Rücktritt des letzten Premierministers von zwei Wochen scheint das zu bestätigen.
Ende.
Gilgit, am 19.08.2017
150 Kilometer waren es bis Gilgit. Die erste Hälfte ging es über holprige und von Felsbrocken zertrümmerte Abschnitte. Zweimal fehlte eine Straßenhälfte. Die lag unten im Fluss. Nachdem es über den Indus auf die andere Seite ging, kam eine nagelneue Straße und ich konnte „fahren“ und die Landschaft bestaunen, was selten möglich ist. Ich weiß nicht, wann ich den 6. Gang zum letzten Mal benutzen konnte.
Ich fand hier mal richtig schönes Hotel. Bungalows, nennen wir sie mal so, vom Einfachsten aber weg von der lauten Straße Blumenrabatten dazwischen und ein gemütlicher Platz zum Sitzen. Konzentrieren kann ich mich hier nicht, weil immerzu Leute um mich sind.
Mit den jungen Männern, Studenten aus Karatschi, saß ich zum Mittag zusammen. Als Nachtisch ging ein Joint rum und ich machte ein paar Züge, dass mir etwas schwummrig im Kopf wurde. Zum Abschied drehten sie mir noch eine Tüte. Die solle ich vor dem Schlafen gehen rauchen, dann würde ich schöne Träume haben. Mal sehen, wenn es mal passt.
Deshalb nur die vielen schlecht sortierten Bilder und noch eine kleine Begebenheit.
Unterwegs stand einer der bunten LKWs am Straßenrand und weil er so schön hoch beladen war, wollte ich ihn auf die Speicherkarte bannen. Sie hatten kein Kühlwasser mehr und der Motor qualmte das Öl auf seiner Außenseite ab. Meine Wasserflachse und der Kanister reichten nicht und ich bot mich loszufahren, ihrem und meinem Kanister irgendwo voraus zu füllen und zurück zu kommen. Nach 5 km kam auf der anderen Fluss-Seite ein grünes Dorf am Hang in Sicht, eine Brücke war auch da und vor dem Dorf eine munter plätschernde Quelle. Es war ein sehr schöner Ausflug runter von der Straße. Das Dorf hätte ich gerne besucht, wolle aber schnell zurück. Aus meiner guten Tat für heute wurde aber nichts, denn der LKW war weg, als ich zurückkehrte.
Und noch die Bilder vom Ausflug zum Wasser holen.
Zusätzlich zu meiner Unkonzentriertheit ist das Internet hier ist so langsam, wie noch nie und ich habe Stunden gebraucht, irgendwie auf den aktuellen Stand zu kommen, bevor ich weiter nach Norden reise. Dort wird´s noch schlechter werden. Unterwegs wurde an vielen Stellen längs der Straße im Felsen rumgestochert. Ein neues Internetkabel soll den Norden besser versorgen. Die Erdrutsche werden es bald wieder in Stücke zerrissen haben. Wie bei den Straßen – ein Kampf gegen Windmühlenflügel. Ein Kätzchen schläft auf meinem Schoß. Mitternacht. Zeit auch für mich.
Noch ein Bild. Ein Elektromotoren-Wickler in seiner Werkstatt hier in Gilgit. In der Baracke in Friedrichwalde (s.o.) hat mein Vater und Elektromaschinenbaumeister 1945 seine Werkstatt eingerichtet, in der ich geboren und aufgewachsen bin. Musste ich fotografieren.
Heute am 24.08.17 bin ich nach 5 Tagen ohne Telefon- und Internetverbindung von meinem Ausritt hoch auf den Punjerab-Pass zurück und kann die die Erlebnisse und Fotos der letzten Tage endlich auf meine Seite hochladen.
Khyber Village, der 20. August 2017
Ich weiß nicht, womit ich es verdient habe, dass mir täglich tolle Erlebnisse über den Weg laufen. Da ich ja zu Hause als alter Muffel bekannt bin, kann es nur an den herzlichen und freundlichen Pakistanern liegen, dass ich so viele schöne Begegnungen habe, die so erfrischend, aufschlussreich und herzlich sind, dass es eine Freude ist. Und ich erfahre immer wieder neue Dinge. So auch heute wieder.
In Gilgit saß ich nach dem Frühstück (Omelett mit Zwiebeln und Chili) mit dem „Manager“ des Hotels vor der Abfahrt noch lange zusammen. Ich hatte in Islamabad eine gute Karte der Bergregion gefunden und er markierte mir die Orte zu denen ich in den nächsten Tagen reisen sollte.
Es ist einfach traurig, immer wieder zu erfahren, wie wenig Chancen die Menschen hier auf ein besseres Leben haben. Das betrifft nicht nur die ärmsten, die ihr Dasein ohne Hoffnung auf Änderung weitervererben werden, weil sie kein Geld für Bildung aufbringen können. Der „Manager“ hat einen Masterabschluss in Ökonomie und sitzt in der Absteige seine Lebenszeit ab für 100€ im Monat. „Wie soll ich davon meine Familie (3 Kinder) ernähren und ihnen auch noch eine ordentliche Schulbildung zukommen lassen?“. Er war erbotst, erzürnt und resigniert über die korrupten Zustände in Pakistan die das Land lähmen und ruinieren. Er sagte, er hätte sich auf drei staatlichen Stellen beworben, für die er geeignet wäre. Um die Stelle zu bekommen, verlangte man jeweils zwischen 3.000 und 4.000 $ Schmiergeld, das sich die Sesselinhaber in die Tasche stecken und den größeren Teil weiter „nach oben“ durchreichen, um wiederum ihren Sessel zu sichern. Es wäre unmöglich so eine Summe aufzutreiben. 3 % der Pakistaner sind superreich und die investieren in Dubai, London und sonst wo, wo ihr Geld und ihre Person sicher sind und nicht im eigenen Land, wo es dringend gebraucht würde. Die nimmersatten Politiker und ihre Gehilfen ruinierten das Land. Die gerade mal erwachsenen Kinder des geschassten Premierministers Mohdi besäßen im Ausland 8 Milliarden Dollar, hat der Supreme Court ermittelt.
Immer aufwärts am Hunza River und später am Punjerab-River entlang. Eine der Polizeistationen, an denen meine Personalien immer wieder in ein dickes Buch eingetragen wurden
Nun mache ich es wie in einem Kaufhaus, wenn ich mal Zeit verschwenden will. Dann fahre ich immer erst ganz nach oben, um dann die Etagen von oben nach unten zu beschnuppern. Jetzt nämlich will ich wissen, wie der pakistanische Abschnitt des berühmten Karakorum Highway hinauf auf dem KUNJERAB-PASS aussieht und an der chinesischen Grenze endet. Dann kehre ich um und fahre zurück aus der Höhe ins Hunza-Tal, das ich heute nur durchfahren habe und dann wieder nach Gilgit und werde auch dort ein paar Tage bleiben. Der Manager hat mir vorgeschlagen mit ihm zusammen in die Berge zu abgelegene Dörfer zu wandern und zu campen.
Eigentlich wollte ich heute nur fahren, staunen, genießen und natürlich fotografieren.
Aber dabei bleibt es nie. Es fallen einem immer neue Begegnungen in den Schoß, wenn man so reist, wie ich, und vor allem wenn man offen und interessiert ist, ist der Zugang zu den tollen Menschen so einfach.
Erstmal erkannte ich sechs junge Männer auf drei kleinen Motorrädern wieder, die an einer Werkstatt ein Problem lösen mussten. Ich hatte sie zuvor auf dem Babusar Pass schon getroffen. Da es Zeit war, luden sie mich gegen Mittag zum Frühstück ein und wir fuhren gemeinsam weiter. Mal war ich weit voraus aber meistens weit hinterher. In SOST jedenfalls wollten wir uns zum Übernachten wieder treffen. Soweit kam ich aber am Ende nicht.
Das ist der See, der 2010 durch einen Erdrutsch entstand, weil der Fluss abgesperrt wurde. Es gab viele Tote, weil der Hang ein Dorf mit in die Tiefe genommen hat. Danach wurde eine Fähre über den See eingerichtet. Jetzt gibt es vier Tunnel über 5 Kilometer durch den Berg, parallel zum Ufer, die die Chinesen gebaut haben.
Vor einem Jahr ging durch die Presse, dass China sein „Seidenstraßen-Projekt“ verkündet und alle Länder, die sich daran beteiligen wollen, dazu eingeladen hat. Die Idee dahinter, neue verschiedene Handelswege von China nach Europa auszubauen und die Länder auf dem Weg „auf Trab“ zu bringen. Schon in Laos fuhr ich auf einer neuen Straße durch einen Nationalpark hindurch, die China mit Bangkok verbinden und den Zugang zum Golf von Siam ermöglichen soll. So ist auch der Neubau des Karakorum Highway im oberen Abschnitt über ca. 300 km zu verstehen, der erstklassig gemacht wurde. Es ist eine Freude darauf zu fahren, wenn man nicht immer die Fahrbahn nach Gefahren abzusuchen muss. Es gibt bisher nur wenige Zerstörungen durch Erdrutsche.
An einer der Hundert Kabel-Baustellen, die ich passierte, musste ich dann doch mal anhalten, um den Arbeitern durch Handschlag meine Hochachtung für den mühseligen Job zu entgegen zu bringen. Der Mischer war kaputt, ein Lager war Schrott, ein neues lag schon da. Sie bemühten sich den inneren Ring von der Welle zu kloppen, der aber nicht runter wollte. Das packte meine Ingenieurs-Ehre, ich fragte nach einem Feuerzeug, heizte den Ring auf, bis das Feuerzeug leer war, setzte ringsum Hammer und Meißel an und siehe da: er bewegte sich. Glück gehabt. Ob das Flämmchen wirklich geholfen hat, werde ich nie erfahren.
Inzwischen hatte ein Auto gehalten, ich wurde einen Kilometer weiter zu einem Tee eingeladen und erfuhr von dem Projekt. Der Mann war Bauleiter der Kabelfirma und zuständig für 200 Kilometer. Ich müsse nicht 20 km weiter nach Sost, ich könne hier gegenüber im Gästehaus übernachten, umsonst. Später erfuhr ich – er hat das bezahlt. Das Haus direkt über dem Highway. Der Eigentümer – ein Lieber. Tee, ein Duschbottich mit warm gemachtem Wasser, Bettwäsche, Handtuch, Sitz-Klo mit Papier (was es sonst nie gibt), Stuhl passend zum Tisch zum Tippen, Licht, Motorrad unter Verschluss, Schlüsselgewalt übers ganze Haus, denn ich bin der Einzige, der noch wach ist.
Vorhin tauchten hier im Gemeinschaftsraum ein paar Männer mit dem Schaltbild des Netzes der Zentralen Wasserversorgung des Dorfes (145 Haushalte) auf. Alle Häuser sind angeschlossen und haben das feinste Wasser hoch aus den Bergen. Jeder Haushalt zahlt 500 (5 €) Rupies im Jahr. Finanziert von unserer KfW. Das finde ich mal toll! Dass wir uns als Kollegen toll verstanden haben, ist doch klar. Es ist erstaunlich, wie viele Menschen auch hier in den Bergen ein gutes Englisch sprechen. Wenn das Potential der Menschen, die wirklich was tun wollen, nur genutzt würde…
Nun hatte ich heute eine Fahrt durch Landschaften, die man nie vergessen kann. Dass ich, der kleine Friedrich aus Grieben hier im Himalaya, zwischen Hindukusch im Westen und Pamir im Osten, mit seinem eigenen Motorrad wirklich unterwegs ist, kommt mir wie ein Traum vor. Niemand kann sich so ein überwältigendes Gefühl vorstellen, der nicht selber hier war. Ich – im Land der Achttausender! Noch habe ich davon keinen gesehen aber zu einem werde ich von seinem Fuß aus noch aufschauen: dem Nanga Parbat. Die anderen sind nur nach tage- bzw. wochenlangen Fußmärschen zu erreichen. In den nächsten 2-3 Wochen werde ich mich satt sehen an diesem Naturschauspiel! Morgen will ich früh raus. Der nächste Polizeikontrollpunkt, bei dem ich dann zum fünften Mal akribisch in ein Buch eingeschrieben werde, ist in Sost und öffnet um halb acht. Jetzt ist Totenstille, auf dem Highway, kein Fahrzeug ist mehr unterwegs.
Khyber Village am 21.08.2017
Immer himmelwäts am Kunjerab River entlang dem Traumziel entgegen
Ich weiß nicht, ob der KUNJERAB Pass einer der höchsten der Welt ist. Jedenfalls ist er einer der berühmtesten und nicht nur für Motorrad-Verrückte. Und ICH war oben und parkte auf 4.711 Meter über dem Griebener Bodden! Man kann sagen auf dem „Höhepunkt“ meines Lebens, denn höher war ich noch nie und werde wohl auch nicht mehr höher kommen. Es sei denn, ich komme eines möglichst fernen Tages, doch wider Erwarten in den Himmel.
Den Traum, den Karakorum Highway zu befahren, gab es schon seit Jahren. Dass er einmal in Erfüllung gehen würde, liegt nur daran, dass ich dran geglaubt habe. Es ist wie mit so vielen Dingen in meinem Leben, die mir zu meiner Zufriedenheit geglückt sind, weil ich daran geglaubt, die Ziele nicht aus den Augen verloren und daran gearbeitet habe. Ich denke, das macht mein erfülltes Leben aus, auf das ich zurückschauen kann. Ein so hoher Scheitelpunkt zwischen zwei Welten ist ein guter Ort für solche Gedanken.
Nachdem ich meine Selfi-Kumpels los war und wieder talwärts rollte, konnte, wollte ich jedenfalls die Tränen nicht mehr zurückhalten. Da die Straße mit den gut kalkulierbaren Kurven so toll ist, konnte ich das Fahren selbst, die grandiose Umgebung und den Lauf meiner Gedanken in vollen Zügen genießen. Das geht selten alles zusammen.
Es ist schwer, noch mehr Bilder weg zu lassen. Deshalb werde sich sie bei nächsten Gelegenheit durch das enge Internet hindurchzwängen und auf meine Seite laden. Viel zu sagen habe ich dazu nicht – ich hoffe, die Bilder sprechen für sich.
Bei der Hochfahrt überholte ich vor dem Pass meine „Kumpels“ nochmal. Da stotterten ihre kleinen Motoren mächtig. Bei meiner Beta bemerkte ich keine Luftnot. Bei mir schon, als ich leicht bergan die hundert Meter zur Grenze wanderte.
Ich sollte auf der Rückfahrt in dem Gästehaus der Kommune ja auf einen Tee einen Stopp einlegen, was ich tat. Die sanfte Herzlichkeit veranlasste mich, wieder dort zu übernachten zumal ich mir auch eingestehen musste, dass ich ziemlich fertig war. Von dem verstreut am Hang liegenden Dorf sah ich nicht viel. Brauchte ich auch nicht, denn die Leute kommen zu ihrem Gemeindehaus. Einfach mal so oder sie haben was zu besprechen. Alle, denen ich dort begegnete, waren sehr aufgeschlossene und kluge Leute. Vom Dorfvorsteher und seinen 2 „Vertretern“ über den Doktor des Dorfes, ja, sie haben einen Doktor, bis zu einem Jeep-Besitzer, der Bergsteigern, Hikern und Jägern zu einem schönen Urlaub verhilft.
Hier wird gejagt auf eine Gemsenart, die Ibex heißt. Die gibt es nur hier und sie sind mindestens doppelt so schwer, wie unsere europäischen. Wunderschöne Tiere die hoch im Gebirge leben und im Winter weiter runter wandern um dann von Jägern, die aus aller Welt anreisen, aufgelauert zu werden. Ich musste mir auf einem Laptop so einen Abschuss anschauen. Jedenfalls scheint mir diese Gemeinde etwas Besonderes in Pakistan zu sein. Es gibt hier einen unglaublichen Gemeinsinn, eine Herzlichkeit untereinander und etwas, was mich hat erstaunen lassen. Unvermummte, sehr schön bunt gekleidete Frauen schauen einen aufgeschlossen an, begrüßen (vertraute) Männer mit Verbeugung, nehmen die Hand, setzen einen Kuss darauf und bekommen gleiches zurück. Ich kann immer wieder nur staunen.
Der staatliche Arzt ist jeden Tag da. Es gibt ein Sprechzimmer, eine Krankenstation und ein Medikamentenlager. Ein Arztbesuch einschließlich notwendiger Medikamente kostet pauschal 10 Rupis. Das sind 0,10 €. Solche Informationen verwirren mich dann total.
Hopar im NagarTal, am 22.08.2017
Heute habe ich mir eine ruhige Ecke im Garten der Herberge gesucht und mein Bergführer hat mir versprochen, alle Leute von mir fern zu halten, nachdem ich ihm erzählt hatte, dass ich zwei Tage nicht zum Schreiben kam, weil immer neue Leute sich mit mir unterhalten wollten.
Noch ein Stück auf dem Karakorum Highway…
Eigentlich wolle ich heute ins HUNZA-TAL, weil da alle hinfahren, folgte aber dem Tipp meines Wirtes und bog vorher hierher ins Nagar-Tal ab. Die Reste einer schmalen Straße winden sich über 12 Kilometer um fast 1.000 Höhenmeter hinauf nach Hopar, einem kleinen Dorf in wunderschöner grüner Landschaft auf 2.900 m Höhe. Die schwierigsten Stellen waren diesmal nicht die Steine, sondern Lehm-Sand, fein wie Puder und nicht kalkulierbar. Der rieselt hier die Berge runter, wie alles andere auch. Ich hielt mich da, wo es unsicher wurde immer an die Fels-Seite, Ein Hinfaller auf der Außenseite wäre nicht so toll, der würde hundert Meter weiter unten enden. Zwei Autos kapitulierten an einem besonders steilen Anstieg in dem Pulver und drehten um.
In Nager hielt ich für eine kühle Fantaund war natürlich gleich wieder im Gespräch, diesmal mit einem Zahntechniker, der ein paar Jahre in Äthiopien gearbeitet hat, nun zurück in seinem Dorf und seit drei Jahren ohne Arbeit ist. Er stellte mir einen vorbeigehenden Altersgenossen (71) vor. Da musste natürlich gleich ein Bild gemacht werden und dann noch eines von seinen Kumpels.
Und der Dorftrottel produzierte sich vor mir mit flüssigen tollen Sprüchen oder Gedichten oder was weiß ich und erntete allgemeines Gelächter und Beifall. Ganz so blöd muss er also nicht sein.
… und dann im Nagar-Tal steil bergauf nach Hopar Village
Ich landete heil hier oben und machte zwischendurch die Fotos von den Teerkochern die an einem kleinen Straßenabschnitt bauten. Die schwarze Brühe beheizten sie mit Autoreifen. Sehr praktisch. Inzwischen ist es auch völlig egal, ob meine Schuhe reh- oder rotbraun sind
Nachdem das Zelt fix aufgebaut war, nahm ich das Angebot an, mich zum Gletscher führen zu lassen, der unterhalb des Dorfes endet. Der Abstieg war schwierig und dauerte etwa 45 Minuten auf schmalen Stegen, Lehmsand und über die Klamotten der Moräne. Unglaublich, was so ein Gletscher für Geröll hinterlässt. Dafür gab es dann am unteren Ende der Gletscherzunge eine grandiose Aussicht auf die hohen Berge am Ende des Tales. Wir blieben etwa eine Stunde und krackselten dann wieder hoch. Hoch war einfacher – nur die Luft wurde mir knapp und ich brauchte einige Pausen. Vorhin erfuhr ich, dass man vor 10-15 Jahren vom Dorf aus noch 20m zum Gletscher hochklettern musste. Heute stiegen wir vielleicht 200m runter und landeten im Geröll. Ist die Erderwärmung vielleicht doch keine Erfindung der Kommunisten?
Vor ein paar Tagen habe ich rausgefunden, dass meine Kamera Panorama-Aufnahmen auch hochkant kann. Genial! Damit lassen sich nun auch die hohen Himalaya-Gipfel im Panorama einfangen. Die Kamera überrascht mit immer wieder mit ihrem Potential und dem genialen Bedienungskonzept. Der große Bildsender von 1 Zoll, das gute Objektiv und der kleine ausfahrbare Sucher mit seiner hohen Auflösung machen sie zu einer absoluten Spitzenkamera, die jede Standard-Spiegelreflex alt aussehen lässt. Gut, dass ich sie dabeihabe, „meine Kaufempfehlung“ SONY DXC 100 IV. Wer allerdings nur im dummen Automodus fotografiert, braucht sie nicht.
Auch hier wieder die volle Herzlichkeit. Die ganze Zeit über versuchte man mir Wünsche raus zu locken. Ich habe aber keine, denn ich bin wunschlos glücklich, Vor allem nach diesem Abendbrot. Das Küchenfoto scheint keine Köstlichkeiten hergeben zu können. Aber denkste! Gekochtes Gemüse bekam ich schon nach meiner Ankunft. „Ob ich denn Lamm essen wolle, wurde gerade geschlachtet, ist aber teuer“. Teuer war 4€. Und toll geschmeckt hat es! Das Edelste, was ich bisher hier in Pakistan gegessen habe. Dazu Reis und Tee aus so intensiv würzigen Kräutern, wie sie nur hoch in den Bergen wachsen. Und morgen früh kriege ich einen Kübel warmes Wasser…
Vorbei mit der Ruhe – vorhin angereiste (männliche) Studenten drehen ihre mitgebrachten Boxen voll auf, singen, tanzen und Klatschen. Es wird kalt jetzt.
Ach, zwei Bilder muss ich noch unterbringen.
Von 1958 bis 1965 und ich zur See ging, haben wir direkt am schönen Werbellinsee zwischen einem Sägewerk und einer Ziegelei gewohnt. Mein Vater war dort Hauptmechaniker im Holzkombinat, nachdem er mit dem Handwerk in Friedrichswalde das Handtuch geschmissen und seiner Segel-Leidenschaft folgend mit uns an den Werbellinsee gezogen ist. Hier verbrachte ich den zweiten glücklichen Teil meiner Kindheit und Jugend. Das Herzstück der Ziegelei war ein Ringofen, wie dieser hier. Inzwischen habe ich schon viele Möglichkeiten des Brennens von Ziegeln in de weiten Welt gesehen – so einen Ringofen bisher noch nirgendwo.
Gilgit, der 25.08.2017
Ich bin wieder hier in der schön ruhigen Herberge gelandet, bin wieder im super-langsamen-Internet und habe den ganzen Tag über mühselig an meiner Seite gebastelt, verschiedene Probleme auf Hiddensee lösen können und die immer spärlicher werdenden Emails beantwortet.
Von Hopar wieder runter zu kommen, war einfacher, als rauf. Natürlich sind dabei wieder ein paar Fotos entstanden. Die Flüsse schleppen eine Menge Lehm mit und so locker hängen der Findlinge, teilweise so groß, wie ein Auto senkrecht über der Straße in der lockeren Wand.
Unten am Fluss waren Goldwäscher an der Arbeit. Sie sahen nicht so aus, als ob sie sehr fündig sind aber am Ende waren einige goldene Körner in der hölzernen Waschpfanne. Wenn man genau hinsieht, kann man sie sehen. Die Werkzeuge, wie in der Einsamkeit hergestellt.
Aus dem Nagar-Tal raus, ging´s weiter auf dem Karakorum Highway nach Karimabad ins Hunza-Tal. Meine Beta brachte mich – treu wie immer – durch enge Serpentinen hoch hinauf übers Tal und ich genoss diese wunderschöne Aussicht von einem Sandsteinfelsen herab. Ich saß neben diesem urzeitlichen Ungeheuer, das der Wind aus dem Sandstein geblasen hat und suchte mit von dort oben den Zeltplatz für die Nacht aus.
Ich schlief sehr komfortabel im gemieteten Zelt, besuchte am nächsten Tag das 800 Jahre alte Fort, konnte es nicht von innen sehen, weil ich mein Geld unten am Motorrad gelassen hatte und ging wieder auf den Highway mit Ziel „Basislager“ Gilgit.
Ich saß unterwegs in einer Stampe und aß etwas, da kam eine große und sehr schöne asiatische junge Frau in Motorrad-Klamotten rein. „Bist Du Friedrich?“ Sie hatte meine Beta draußen stehen sehen und wollte wissen, wer dazu gehört. Sie und ihr Bruder, der für ein Wochen Pakistan mit einer hiesigen kleinen Maschine zu ihr gestoßen ist, sind koreanischer Abstammung und sprachen akzentfrei Deutsch. Das Mädel kam über den Pass aus China und ist mit einer alten schweren BMW R100 GS (Hubraum 1000 ccm) allein unterwegs einmal um die Erde. Wir überholten uns immer wieder gegenseitig und ich machte diese Schnappschüsse von ihr. Ich hätte am Abend gerne mehr von ihr erfahren. Sie hatten aber ein anderes (5*) Hotel angepeilt und so verloren wir uns aus den Augen. Sie hat meine Tel. Nummer, vielleicht will sie ein Bild. Sehr Schade. Jedenfalls Chapeau! So sieht echtes Reisen aus.
Gestern Abend fing es an zu regnen und heute gab es den ganzen Tag über Regen und ein bisschen Sonne im Wechsel. Das passte wunderbar. Ich konnte den ganzen Tag über meine „Arbeit“ erledigen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Sher, der Manager hier im Hotel hat jahrelang Bergführer gemacht, bis der Tourismus nach 9/11 total eingebrochen ist. Er hat sich seitdem nicht wieder erholt, weil der Ruf Pakistans hin ist und als Terroristen-Hochburg die Leute abschreckt, hierher zu reisen. Wenn hier auch (noch) so vieles im Argen liegt, Armee und Polizei haben mächtig aufgeräumt mit den Banditen und die gesamte Region, mit Ausnahme der Afghanistan-nahen Gebiete gilt als absolut sicher. Außerdem ist überall Armee und verschiedene Polizei einschließlich ziviler unterwegs und kümmert sich vor allem um die Sicherheit von Touristen, den eigenen und den ausländischen. Der schlechte Ruf ist nicht mehr gerechtfertigt und ich kann nur jedem, der etwas Großartige erleben will empfehlen, besonders in Pakistans Norden einen unvergesslichen Urlaub zu machen. Von pauschal bis reisen, so wie ich es mache, ist alles möglich. Besonders schön muss es sein, wenn man mit Rucksack und schweren Wanderstiefeln in Regionen vordringt, wo ich nicht hinkommen werde. Wenn meine Bilder und Berichte nicht überzeugen können, dann weiß ich auch nicht, wie man Menschen davon überzeugen kann, diese Welt der größten Berge der Welt zu besuchen.
Sher hat mir heute die Möglichkeiten aufgezeigt, die ich in der verbleibenden Zeit und mit Motorrad habe. Zehn Tage könnte ich noch hier in den Bergen zubringen. Dann muss ich mich so langsam in über Islamabad in Richtung Indien in südlicher Richtung auf den Weg machen. Der direkte Weg würde einfach nach Osten durch Kaschmir, das halb zu Pakistan und halb zu Indien gehört, führen. Um Kaschmir gibt es ja bekanntlich kriegerische Auseinandersetzungen und der pakistanische Teil ist für Touristen gesperrt. Es gibt auch keinen geöffneten Grenzübergang. So muss ich einen Umweg von vielleicht 2.0000 Kilometern machen, um hoffentlich nach Ladak zu gelangen
Ein Handy-Reparierer, ein Eierhändler und mein Abendbrot auf der Straße grstern
In der Nähe von Skardu, am 16.08.2017 (km 10.000 km)
Heute ist es einfach, zu berichten. Ich bin aus Gilgit erst um 10:00 Uhr losgekommen – eine Stunde zu spät, um mein Ziel Skardu noch vor der Dunkelheit zu erreichen. Es war eigentlich ganz einfach, einfach nur 200 Kilometer immer am INDUS River entlang. Aber die hatten es in sich! Wegen der Schönheit der Landschaft, wegen der akrobatischen Streckenführung der schmalen Straße immer links am Fluss entlang und wegen der Beschaffenheit des Straßenbelages. Der hat mir zu schaffen gemacht. Durchgehend holprig, unzählige fehlende Stücke und viele Wasserdurchfahrten, wo die Bäche, die die Hänge herunter, über die Straße hinweg zum Indus wollen.
Auf der ganzen Strecke durchfuhr ich nur 3 Dörfer. Dafür hingen aber mehrere als grüne Oasen an den Abhängen auf der anderen Seite des Flusses. Entweder die Leute gelangen über eine der tollen schmalen befahrbaren Hängebrücken hinüber oder, wenn nur ein paar Leute da drüben ihr Gemüse anbauen, gibt´s eine Seilfähre. Die besteht aus zwei parallelen Drahtseilen, an denen ein Korb für eine Person hängt, die sich an einem losen Hilfsseil auf die andere Seite rüber zieht.
Die Schule mit zwei kleinen dunklen Klassenräumen wurde gerade renoviert. Viele gemischte Herden waren mit ihren Hirten unterwegs. Die verschiedenfarbigen Ziegen mit ihrer langen Behaarung sind wunderschön aber scheu Fremden gegenüber. Zum Mittag gab es das tolle Fladenbrot, frisch aus dem Ofen, Huhn, geschmortes sehr gut gewürztes Gemüse und natürlich Tee mit Milch. Es waren ziemlich viele der so schön bunt dekorierten LKW, Kleinbusse, Jeeps mit Touristen und PKW unterwegs. Da wurde es manchmal eng.
Der Fluss hat eine bleigraue Farbe durch den Schlamm, den er mitführt und fließt mal mehr oder weniger wild bergab. Auf die fast 200 km ging es aber nur insgesamt 1.000 Meter hinauf. Wie kommt es eigentlich, dass Flüsse immer einen Weg durch die Bergwelt finden und sich nicht Seen in ihrem Lauf bilden? Das Gestein ist unglaublich vielfältig in Farben und Struktur. Leider habe ich auch davon keine Ahnung.
Übrigens habe ich heute die Zehntausend-Kilometermarke geknackt, wobei es nicht viel ist für die dreieinhalb Monate, die ich nun unterwegs bin. Kein Wunder, wenn es so „mühselig“ im 1. Bis 3 Gang vorangeht, wie heute. Neun Stunden saß ich heute im Sattel mit unzähligen Pausen natürlich.
Ich habe meine schöne kleine Teheran-Bluetooth-Maus gewässert. Nun geht sie nicht mehr. Hoffentlich erholt sie sich nach dem Austrocknen. Bei mir funktioniert noch alles. Ich fühle mich jung und stark. Die zahlreichen Wehwehchen, die auch ich habe, werden ganz klein bei diesem Abenteuer.
Skardu, am 27.08.2017
Heute nur im Telegramm-Stil. Der Indus fließt her ganz gemächlich und breit und sieht eher, wie ein flacher See aus. Dabei hat er im seinem Leben eine Menge feinen Sand (oder Lehm) abgelagert.
Vormittags kam ich in dem staubigen Nest Skardu an, erkundigte mich nach Tagesausflugszielen und erfuhr von einem Wasserfall und einem Tal das ich mit dem Motorrad erreichen könne. Beim Wasserfall habe ichd wohl überhört, dass er weiter am Indus entlang 50 Kilometer entfernt ist.
Unterwegs gab es drei Registrierungen bei Polizeiposten und auf den letzten 5 Kilometern über Geröll und Wasserlachen und Bäche, fuhr ein Polizist auf seinem Moped hinterher und stellte sich dann als mein Begleitschutz vor. Eine Stunde blieb ich in der Idylle und machte mich auf den Rückweg, weil ich ja noch das Tal besuchen wollte. Ich kam aber nicht weit.
Während ich am Wasserfall war, haben sich an einer spektakulären Spitzkehre hoch über dem Fluss Gesteinsbrocken aus der Felswand gelöst und die Straße war dicht. Es muss gerade passiert sein, denn es standen erst en Auto und zwei Mopeds vor mir.
Unterhalb des Abbruchs legte gerade eine Hängefähre zur gegenüberliegenden Oase ab. Von einer ehemaligen Hängebrücke daneben hingen nur noch ein paar Reste über dem Fluss
Unmittelbar vor der Baustelle waren auf meiner Hinfahrt schon Arbeiter am Werk, eine Mittelspannungsleitung wiederherzustellen, bei der, ebenfalls durch ein solches Ereignis, zwei Gittermasten umgerissen worden waren. Dadurch war ein Radbagger schon vor Ort, der nach über zwei Stunden die großen Brocken klein geknabbert und alles in den Abgrund befördert hat. Mutig der Junge und sehr geschickt mit der Baggerschaufel. Jedenfalls habe ich ihm hinterher einen Schein in die Hand gedrückt.
Damit war es zu spät für eine weitere Tour und fuhr ins Hotel zurück, nachdem ich mich für morgen mit Proviant eingedeckt habe. Ich wollte die gleiche Strecke nicht wieder zurückfahren. Es gibt eine andere, etwa 100 Kilometer längere Strecke zurück an den Karakorum Highway. Dass die gesamten 300 Kilometer unbefestigt sind, hatte ich vorherschon erfahren und befragte verschiedene Leute zum Zustand der Straße. Ebenso verschiedene Auskünfte bekam ich auch. Jetzt halte ich mich an die letzte Auskunft und versuche es mal. Wenn´s zu schlimm wird, muss ich eben umdrehen. Jedenfalls werde ich zwei Tage brauchen auf der wenig befahrenen Straße. Es geht auf über 4.000 Meter hinauf. Dabei 50 Kilometer über „das Dach der Welt“, wie sie hier behaupten. Eine Hochebene auf 3.000 m 50x50 km groß. Morgen klingelt um 6:00 Uhr der Wecker. Schauen wir mal …
Die Seite wird schwerfällig. Dann geht es nun also weiter mit „Pakistan III“