Zurück in Tblissi 14.06.2019
Planmäßig ist mein Aufenthalt noch einmal hier, nicht. Dafür aber umso länger.
Diesmal habe ich es besser getroffen mit der Unterkunft. Ich bin genau in das richtige Viertel gefahren. An jeder Ecke ein kleines Hotel – aber alle zu teuer, weil angesagt Gegend. Ein Mädel lief mir über den Weg, „U menja Apartment“. Genau das Richtige. So schön wie der Innenhof, so schön ist auch mein Apartment aber mit Waschmaschine, die gerade läuft und Kühlschrank für die Flasche Bier von 2,5 Litern, die ich wohl doch nicht schaffen werde. Uhrig und schön, so unterzukommen.
Links hinter dem Gitter steht meine BETA auf dem Innenhof
So´n Bowdenzug ist einfaches Ding, bei meinem Moped SR1 selber gelötet. Muss aber in Länge der Hülle und Draht genau passen. Dieser „Spezialist“ hat meinen, der verschweißt gut gehalten hatte, gegen eindringliche Absprache durchgeschnitten, während ich kurz weg war. Neue Nippel aus Stahl gedreht, gebohrt, mit Vorschlaghammer zusammengekloppt. „Hält ewig“. Zurück in der Motorradwerkstatt ziehe beim Einbau kräftig mit der Hand dran und habe einen Nippel in der Hand. Am Ende haben die Jungs dort dann Drahtenden in 6mm Mutter gesteckt und im Schraubstock zusammengepresst. Warum nicht gleich so einfach als Provisorium? Ein neuer ist mit DHL-Express unterwegs, liegt nur schon einen Tag in München beim Zoll, weil die Rechnung dazu verschwunden war. Avisiert für Tblissi in 4-5 Tagen!. Was soll´s, mache ich eben „Urlaub“ und genieße dieses grüne Land und die gesunde Natur.
Ein riesiger Markt für Technik, und vor allem werden hier unsere abgewrackten Autos zu neuem Leben erweckt. Über die neuen dt. umweltschädlichen
Mercedes-Diesel werden sie sich freuen. "Der Spezialist“ in seinem Container auf der Suche nach passenden Bowdenzug.
Beim abendlichen Streifzug durch Stadt fand ich das aufgemotzte Viertel der Altstadt am Berghang unterhalt der Burg. Da steige ich dann ab, wenn ich
mal reich bin. Trotz der vielen Touristen ist eine schöne Atmosphäre in der Stadt, auch weil noch so wenig restauriert ist. Ich hatte leider nur das Handy dabei.
Ich habe den gequetschten Muttern vertraut (zumal ich nun auch noch einen Draht mit Lüsterklemmen habe), und heute eine Runde durch die Berge gedreht. Berge, Laubwälder, Stauseen gute und kurvenreiche Straßen haben mich glücklich gemacht.
Das rein und raus aus der Stadt ist sogar für mich stressig. Wenn nicht gerade Stau, wird auf den breiten Durchgangsstraßen sehr schnell gefahren
mit besonders schnellen Schumis, die die Lücken fischen. Gestern sah ich während einer Taxifahrt zum „Baumarkt“ einen Motorradfahrer neben seiner geschrotteten Maschine auf der Straße liegen, dem
gerade das Bein geschient wurde (also lebte er noch) und drei Autounfälle, bei denen man sich in die Karren gefahren ist.
… und da ich ja so gerne schraube, besser gesagt: immer technische Probleme habe, bin ich beim tollen „Baumarkt“ vorbei, hab´ mir ne Schieblehre geborgt und bin durch die Stände, eine große Scheibe für meine Vorderradachse zu besorgen (ich gebe nicht auf, aus der Gabel noch irgendwas Brauchbares zu machen), einen speziellen Bolzen und Mutter für den Seitenständer zu finden (der Batumi-Bolzen hat auch versagt) und eine lange Zugfeder für den Hauptständer, die schön länger weg ist. Habe ich den Bowdenzug, bin ich wieder auf Null. Inschallah!
Morgen verlege ich das Warten aus der Stadt raus ins Grüne. Nach Nordosten. Durch diese Region wollte ich ohnehin in einem nördlichen Bogen nach Aserbaidschan. Nun habe ich mehr Zeit für diese Gegend und verfolge von dort mein Päckchen und fange vielleicht endlich mein Buch an.
Tblissi, am 17.06.2019
Mein Warte-Wochenende verbrachte ich in LAGODECHI. Das liegt in der Weinregion im Nordosten Georgiens, zwei Wanderstunden durch den gleichnamigen Nationalpark bis Russland und 50 Autokilometer von Aserbaidschan entfernt.
Bis nach Russland bin ich nicht gewandert aber wenigstens ein Stück in die meist mit hohen Buchen bewaldeten Berge hinein. Bis zum Wasserfall kam ich leider nicht. Das wären nochmal zwei Stunden bergauf und dafür bin ich zu spät gestartet. Außerdem hätte ich die zwei Kilometer gerade Straße bergauf bei sengender Hitze fahren sollen. Zu meiner Entschuldigung hatte ich ja auch keine Wander- sondern nur Motorradschuhe an.
Der Nordosten besteht aus einer riesigen flachen, landwirtschaftlich genutzten Tiefebene, im Norden von hohen bewaldete Bergen begrenzt, an denen ich hundert Kilometer entlang gefahren bin. Viele Wein-Plantagen in der Fläche und Wein in den Gärten und an den Hängen. Am Ende fand ich in Lagoechi eine sehr schöne Bleibe im Haus von Wascha und Nana. Das Zimmer winzig aber die Herzlichkeit von Nana, noch Musiklehrerin, die uns früh und abends köstlich bekochte, war dafür riesig. Wascha, ihr Mann war fast dreißig Jahre lang Chef des Nationalparks. Uns, das heißt noch Stephanie und Kathleen aus Erfurt und Dresden und ein Schweizer Pärchen. Die Schweizer Iris und Roland brachen dann zu einer dreitägigen Wanderung in das menschenleere Nationalparkgebiet auf. Wir hatten zwei schöne und ausgelassene Abende mit Waschas Wein und TschaTscha, dem Hochprozentigen mit Kräutern.
Trinkgewohnheiten.
Der Wein wird hier in Georgien schon seit 8000 Jahren kultiviert. Angeblich soll es noch 500 Rebsorten geben und dementsprechend vielfältig sind die Weine. Bei Feiern und Festessen muss der Gastgeber so drei Liter pro Person vorhalten, um die Gäste am Ende nicht zu enttäuschen. Bei solchen Anlässen wird ein „Tamada“ bestimmt, der für die Ordnung am Tisch und die Trinksprüche zuständig ist. Es wird immer nur nach Aufforderung des Tamadas und seinen nicht versiegenden Toasts auf die lebenden und die Toten, auf die Liebe, die Kuh und das Schwein, das Wetter usw. getrunken. Ob EX oder Nippen, ist den Gästen überlassen – „ex“ wird lieber gesehen. Bis zum nächsten Trinkspruch bleibt das Glas stehen. Nun habe ich auch die spontane Zeremonie damals auf dem Hof hier Tblissi verstanden. Ein schöner Brauch.
Nun bin ich wieder zurück in Tblissi und konnte meinen Bowdenzug bei DHL abholen. Er reiste über München, Leipzig, London zügig hierher. Inzwischen ist er eingebaut und alles funktioniert wieder. Da der Auto-Ersatzteile-Markt gleich um die Ecke war, musste ich nochmal hin, musste einfach nochmal da durchstrolchen und fand noch ein paar ´wichtige´ Kleinteile. Hier noch ein paar beeindruckende Bilder:
Ich habe ganz sicher nur einen ganz kleinen Teil von Georgien kennengelernt, nicht alle Burgen und Klöster, Wanderwege und freundlichen Georgiern. Aber mitbekommen habe ich, dass es sehr, sehr schön hier ist. Schön war auch die Erfahrung in einem Guest House unterzukommen und die Gastfreundschaft zu erleben. Auf meiner Weiterreise wird es aber (auch hoffentlich) weniger touristisch werden und da wird es nicht einfach sein, solche Unterkünfte zu finden. Das gute Essen und den Wein habe ich genossen hier. Übermorgen geht’s über die Grenze nach Aserbaidschan mit abgelaufener Versicherung.
Und so habe ich Georgien am nächsten Tag verlassen ...